Taliban: Komiker macht während eigener Entführung Taliban-Witze
Die Taliban haben die Kontrolle über Afghanistan übernommen. Viele Länder versuchen ihre Staatsangehörigen zu evakuieren. Die neusten Entwicklungen im Ticker.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Taliban haben in Afghanistan wieder die Kontrolle übernommen.
- Mehrere Länder versuchen vom Flughafen in Kabul aus, Menschen zu evakuieren.
- Bei einem Gefecht am Flughafen kam eine Person ums Leben, drei weitere wurden verletzt.
00.15: Das US-Militär hat seine Truppenpräsenz am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben um «mehrere Hundert» Soldatinnen und Soldaten reduziert. Dies sei bei einem laufenden Einsatz Teil der normalen Entscheidungsgewalt des örtlichen Kommandeurs, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby.
Es handle sich dabei unter anderem um Beschäftigte der Zentrale, Spezialisten für Wartungsarbeiten und andere Soldaten, deren Mission am Flughafen abgeschlossen sei, erklärte er am Dienstag (Ortszeit). Das US-Militär hatte dort zuletzt rund 5800 Soldaten im Einsatz.
23.45: Nach der Machtübernahme der Taliban friert die Weltbank neue Auszahlungen für ihre Hilfs- und Entwicklungsprojekte in Afghanistan vorerst ein. «Wir sind tief besorgt angesichts der Lage in Afghanistan und der Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung des Landes, insbesondere für Frauen», erklärte ein Sprecher der Weltbank am Dienstag (Ortszeit).
Das weitere Vorgehen werde mit der internationalen Gemeinschaft und Partnern der Entwicklungszusammenarbeit abgestimmt werden. Es gehe darum, Wege zu finden, wie die in Afghanistan mit harter Arbeit erzielten Fortschritte bewahrt werden könnten und wie man die Menschen dort weiter unterstützen könne, erklärte der Sprecher der internationalen Organisation weiter.
Die Weltbank war für Afghanistan - eines der ärmsten Länder der Welt - bislang ein wichtiger Geldgeber für Entwicklungsprojekte. Sie unterstützte Afghanistan von 2002 bis April dieses Jahres nach eigenen Angaben mit Hilfen von fast fünf Milliarden US-Dollar
23.05: Die USA wollen ihre Truppen nach Angaben von US-Präsident Joe Biden nach Möglichkeit bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen. Mit Blick auf den Evakuierungseinsatz sagte Biden am Dienstag im Weissen Haus: «Je früher wir es abschliessen, desto besser.»
Jeder weiterer Tag in Kabul erhöhe das Risiko für die US-Truppen, betonte Biden nach einer Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs. Dabei verwies er ausdrücklich auf die Gefahr eines Angriffs durch einen örtlichen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, der auch mit den Taliban verfeindet ist. Das US-Militär hat für den Evakuierungseinsatz rund 5800 Soldaten am Flughafen in Kabul.
21.45: Die USA halten vorerst an ihrem Ziel fest, ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen. Das erklärte US-Präsident Joe Bidens Sprecherin Jen Psaki am Dienstag nach einer Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs.
Der Präsident habe seinen Kollegen erklärt, dass der US-Einsatz gemessen am momentanen Fortschritt bis 31. August planmässig beendet werden könne, hiess es. Er habe ausserdem das Verteidigungsministerium und das Aussenministerium um Notfallpläne gebeten, um den Zeitplan anzupassen, falls dies notwendig werden sollte.
Der Abschluss des Einsatzes hänge auch von der «anhaltenden Koordinierung mit den Taliban ab», inklusive des Zugangs zum Flughafen für jene, die evakuiert werden sollen, so Psaki weiter.
21.15: Nazar Mohammad, besser bekannt als Kasha Zwan, war ein afghanischer Komiker, der Ende Juli von den Taliban umgebracht wurde. Dabei liess er sich nicht seiner Witze berauben.
Auch bei seiner Festnahme durch die militante Miliz hat Mohammad weiter Witze erzählt – über die Taliban selbst. In einem Video sieht man den Komiker auf der Rückbank in einem Auto, links und rechts neben sich Taliban-Kämpfer. Mohammed war bekannt für seine Witze über die Taliban. Singend und tanzend machte er sich über sie lustig. Seine Routinen lud er dabei teilweise auch auf TikTok hoch.
Auch in seinen letzten Moment hört Mohammed nicht auf, sich über die Taliban lustig zu machen. Dabei wird er auch mehrmals geohrfeigt.
Mohammed wurde kurz darauf tot aufgefunden. Die Taliban wiesen zuerst die Verantwortung für seinen Tod von sich, gestanden später aber, dass die beiden Männer im Auto tatsächlich Taliban waren. Die Täter wurden verhaftet und kommen vor Gericht, wie die Taliban mitteilten.
19.00: Die EU hat US-Präsident Joe Biden erneut aufgefordert, sich in der Frage des Abzugs vom Flughafen in Kabul flexibel zu zeigen. Es gebe die Notwendigkeit, den Flughafen so lange wie nötig zu sichern, um den Evakuierungseinsatz abzuschliessen, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Dienstag nach dem per Videokonferenz organisierten G7-Sondergipfel zur Lage in Afghanistan. Zudem müsse es ein «fairen und gerechten Zugang» zum Flughafen für alle Menschen geben, die ein Anrecht darauf hätten, in Sicherheit gebracht zu werden.
Der bisherige Zeitplan der USA sieht vor, alle Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen. Daran will Joe Biden gemäss US-Medienberichten auch festhalten. Was bedeuten würde, dass der Evakuierungseinsatz für Ausländer und durch die Taliban gefährdete Afghanen vermutlich schon Ende dieser Woche enden müsste.
Dass der Betrieb des Flughafens in Kabul ohne die USA aufrechterhalten werden kann, gilt als unwahrscheinlich. Sie waren zuletzt mit etwa 5800 US-Soldatinnen und -Soldaten vor Ort, um nach der Machtübernahme der Taliban den Evakuierungseinsatz abzusichern.
17.55: Weil die afghanischen Eltern Angst vor Gräueltaten der Taliban haben, übergeben sie ihre Kinder in Kabul immer öfter an Fremde. Schon letzte Woche machten Bilder und Videos die Runde, auf denen zu sehen war, wie Kinder durch diverse Menschenhände über Zäune weitergegeben wurden.
Jetzt hat die US-Armee neue Fotos veröffentlicht – und die sind herzerweichend. Die Bilder lassen für einen kurzen Moment die aktuellen Ereignisse vergessen.
Zu sehen sind Soldaten, gekleidet in Vollmontur, mit Kampfanzug und schusssicherer Weste. Doch sie halten Babys auf den Armen, der Anflug eines Lächelns huscht ihnen über das Gesicht.
Das US-Verteidigungsministerium hat sich bereits zu Wort geäussert. Man versuche, möglichst viele Familien wieder zusammenzubringen. Doch die Lage scheint schier ausweglos. Noch immer verharren hunderte Menschen am Flughafen in Kabul. Dort warten sie auf ihre Evakuierung.
16.20: Die Taliban fordern, dass keine afghanischen Fachkräfte mehr ausgeflogen werden.
«Wir fordern sie auf, dies zu stoppen», sagte der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid am Dienstag vor Journalisten in Kabul. Er bezog sich damit auf afghanische Experten wie beispielsweise Ingenieure. Nur Ausländer dürften von den westlichen Einsatzkräften aus Kabul ausgeflogen werden.
Mudschahid wiederholte auch die Warnung der Islamisten, dass nach dem 31. August keine Evakuierungsflüge aus Kabul mehr erfolgen dürften. Die Taliban hatten bereits zuvor vor «Konsequenzen» gewarnt, sollte der Einsatz des US-Militärs am Flughafen verlängert werden.
15.15: Weiterhin versuchen viele Afghanen verzweifelt, am Flughafen in Kabul an Bord eines Evakuierungsfluges zu kommen. Ein Nachrichten-Team des britischen Senders ITN filmte sogar zwei weinende Kinder, die in dem chaotischen Gedränge vor dem Flughafen zurückgelassen worden sein sollen, als ihre Eltern eingelassen wurden.
Ein Mann zeigte auf einen etwa fünfjährigen Jungen und ein etwa dreijähriges Mädchen und sagte, sie seien von ihren Eltern zurückgelassen worden, als sie sich auf die Evakuierungsflüge nach Grossbritannien stürzten.
Gegenüber dem ITN-Journalisten John Irvine sagte der Mann: «Mister Biden, das haben Sie angerichtet. Sie haben das geplant, Sie sind mit den Taliban einen Deal eingegangen. Das ist die Folge davon. Fahr zur Hölle, Biden!»
14.21: Der Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, hat einem Medienbericht zufolge den Vizechef der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Die beiden seien am Montag in der afghanischen Hauptstadt Kabul zusammengekommen, schrieb die «Washington Post» am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise.
Es sei das bislang hochrangigste Treffen zwischen der Regierung von US-Präsident Joe Biden und den Taliban gewesen, seitdem die Islamisten vor gut einer Woche die Macht in Afghanistan übernommen haben. Die CIA habe sich auf Anfrage nicht dazu äussern wollen. Baradar wird als möglicher künftiger Regierungschef gehandelt.
USA haben innert 24 Stunden mehr als 12'000 Menschen ausgeflogen
14.06: Die Evakuierungsmission am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul gewinnt weiter an Tempo. Die USA flogen bei dem Einsatz erstmals innerhalb von 24 Stunden mehr als 12'000 Menschen aus Kabul aus. Zwischen dem frühen Montagmorgen und dem frühen Dienstagmorgen hätten 37 Flugzeuge des US-Militärs rund 12'700 Menschen ausser Landes gebracht, teilte das Weisse Haus am Dienstag in Washington mit.
Im gleichen Zeitraum hätten ausserdem 57 Maschinen internationaler Partner rund 8900 Menschen evakuiert. Seit dem Start der Evakuierungsmission Mitte August hätten die Vereinigten Staaten insgesamt rund 58'700 Menschen entweder selbst aus Afghanistan ausgeflogen oder deren Ausreise ermöglicht.
14.00: Angesichts der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan hat Russland seine Militärbasis im zentralasiatischen Tadschikistan aufgerüstet. Es seien mehrere Panzerabwehrsysteme des Typs «Kornet» in die an Afghanistan grenzende Ex-Sowjetrepublik gebracht worden, teilte der Zentrale Wehrbezirk der russischen Armee am Dienstag mit.
UNO bestätigt Berichte über Menschenrechtsverletzungen
13.53: Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan werden schwere Verletzungen von Menschenrechten aus dem Krisenstaat gemeldet. Darüber berichtete am Dienstag in Genf die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats zur brisanten Lage in Afghanistan. Nach diesen Berichten gab es etwa Massenhinrichtungen von Zivilisten und ehemaligen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte.
Weiter sagte Bachelet, der Bewegungsspielraum von Frauen sei in manchen Regionen eingeschränkt worden, Mädchen dürften teils nicht mehr zur Schule gehen. Friedliche Proteste würden unterdrückt und Minderjährige zum Waffendienst geholt. Die Berichte seien glaubhaft, betonte sie.
«Es bestehen gravierende Risiken für Frauen, Journalisten und die neue Generation von Leitfiguren der Zivilgesellschaft, die in den vergangenen Jahren in Erscheinung traten», sagte Bachelet. «Afghanistans unterschiedliche ethnische und religiöse Minderheiten sind ebenfalls der Gefahr von Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt, bedenkt man die Muster schwerer Menschenrechtsverletzungen unter Taliban-Herrschaft in der Vergangenheit und Berichte über Tötungen und gezielte Anschläge in den vergangenen Monaten.»
Taliban wollen UN-Hilfsorganisationen offenbar im Land behalten
13.45: Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan wollen die militant-islamistischen Taliban die Mitarbeiter der Vereinten Nationen sowie von UN-Hilfsorganisationen offenbar im Land behalten. «Sie haben klar gemacht, dass die UN bleiben sollen», sagte Richard Brennan, Regionaldirektor für Nothilfe bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), am Dienstag in Kairo.
«Es gab einige ermutigende Zeichen und Gespräche.» Über den Verbleib der UN-Mitarbeiter liefen derzeit «auf hoher politischer Ebene» Verhandlungen zwischen Taliban-Vertretern und ranghohen Vertretern der Vereinten Nationen.
Die Machtübernahme der Taliban vor gut einer Woche hat die Arbeit in Afghanistan für humanitäre Helfer teils stark beeinträchtigt. So können 500 Tonnen dringend benötigter Arzneiwaren nicht geliefert werden, weil derzeit keine kommerziellen Flüge in Afghanistan landen dürfen. Die WHO verhandelt aber mit mehreren Ländern in der Hoffnung, dass diese die Güter nach Kabul bringen können.
13.42: Ein aus Kabul ausgeflogener Afghane ist in Frankreich wegen möglicher Verbindungen zu den Taliban in Polizeigewahrsam genommen worden. Wie die Staatsanwaltschaft in Paris am Dienstag mitteilte, wurde der Mann festgenommen, weil er sich am Montag einer Überwachungsmassnahme entziehen wollte. Der Mann zähle zum Umfeld eines Mannes, der eine «Verbindung zu den Taliban» gehabt habe, die noch geprüft werden müsse, fügte Regierungssprecher Gabriel Attal hinzu.
Taliban lassen Sprengschutzwände abbauen
13.07: Die militant-islamistischen Taliban lassen in der afghanischen Hauptstadt Kabul die für das Stadtbild bislang typischen Sprengschutzwände abbauen. Das ist auf Videos und Fotos zu sehen, die am Dienstag in sozialen Medien kursierten.
Die oft drei Meter hohen und einen halben Meter dicken grauen Betonwände sollten in der Vergangenheit die Auswirkungen von Autobomben oder anderen Explosionen vermindern. Sie standen bisher praktisch überall in der Stadt, vor allem rund um Regierungseinrichtungen wie Ministerien oder ausländischen Botschaften.
Am Sonntag hatten die Taliban über die Facebook-Seite der Stadtverwaltung die Bürger der Stadt dazu aufgerufen, binnen einer Woche Sprengschutzwände rund um Privathäuser zu entfernen. Bürger, die keinen Platz hätten, könnten sich an die Stadtverwaltung wenden, die ihnen einen Deponieplatz zur Verfügung stelle.
12.50: Die Vorsitzenden der Auswärtigen Ausschüsse in den Parlamenten der G7-Staaten und im EU-Parlament haben mehr Flexibilität beim westlichen Evakuierungseinsatz in Afghanistan gefordert. In einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung heisst es, die sieben grossen Industriestaaten (G7) sollten «willkürliche Daten zum Ende der militärischen Unterstützung der Evakuierungsmission und künstliche Deckelungen bei der Zahl der Evakuierten vermeiden». Andernfalls werde der Druck auf die Schutzsuchenden und ihre Helfer erhöht.
Frankreichs Evakuierungseinsatz wohl kurz vor dem Ende
12.45: Frankreichs Evakuierungseinsatz in Afghanistan steht möglicherweise kurz vor seinem Ende. Man werde die Luftbrücke am Donnerstag beenden, falls die USA sich wie angekündigt am 31. August aus dem Land zurückzögen, sagte Nicolas Roche, Büroleiter von Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian, am Dienstag französischen Medien. «Es bleiben uns also drei Tage.»
12.40: Der deutsche Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) geht nicht davon aus, dass tatsächlich alle ausreiseberechtigten Afghanen in den nächsten Tagen vom Flughafen Kabul aus in Sicherheit gebracht werden können.
«Wir werden in den verbleibenden Tagen dieser militärischen Evakuierungsaktion nicht alle aus Afghanistan rausbekommen können», sagte Maas am Dienstag auf Bild TV. «Das gebietet die Ehrlichkeit, das zu sagen.»
Briten halten Verlängerung der Evakuierungsmission für unwahrscheinlich
11.27: Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hält eine Verlängerung der Evakuierungsmission in Afghanistan über das Monatsende hinaus für unwahrscheinlich. Das sagte er dem Nachrichtensender Sky News am Dienstag vor einem virtuellen Treffen der G7-Staats- und Regierungschefs.
«Nicht nur wegen dem, was die Taliban gesagt haben, sondern es ist auch unwahrscheinlich angesichts der öffentlichen Äusserungen von US-Präsident Biden», so Wallace. Es lohne sich aber, für eine Verlängerung zu werben – «und das werden wir», fuhr der Minister fort.
Gleichzeitig gestand Wallace ein, dass die Sicherheitsrisiken bei dem Evakuierungseinsatz immer höher werden. Terrorgruppen wie der Islamische Staat seien darauf aus, den Westen aus Afghanistan hinauszujagen. «Wir wären sehr verletzlich, sollte ein Terrorist zuschlagen», sagte er.
10.50: Fünf Afghanen, die nach Frankreich ausgeflogen wurden, stehen wegen mutmasslicher Nähe zu den militant-islamistischen Taliban unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden. Einer von ihnen sei am Montagabend in Polizeigewahrsam genommen worden, weil er sich nicht an seine Aufenthaltsauflagen gehalten habe, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Dienstagmorgen dem Sender Franceinfo.
Der Mann habe «offensichtlich eine Verbindung zu den Taliban», habe aber der französischen Armee bei der Evakuierung von Landsleuten und Afghanen geholfen. Die vier anderen Personen, die unter behördlicher Beobachtung stehen, stammen den Angaben zufolge aus dem Umfeld des Manns.
Zweijähriges Mädchen bei Massenpanik totgetrampelt
10.45: Am vergangenen Samstag kam es am Flughafen in Kabul zu einer Massenpanik, dabei kamen sieben Menschen ums Leben. Wie die «New York Times» berichtet, befand sich unter den Opfern auch ein zweijähriges Mädchen.
Ihre Mutter, eine Übersetzerin für ein US-Unternehmen, schilderte nun der Zeitung den tragischen Vorfall: «Es war als würde man ertrinken und dabei versuchen, sein Baby über Wasser zu halten.»
Wie andere Afghanen wollte sie mit ihrer Tochter, ihrem Ehemann, ihren behinderten Eltern, drei Schwestern und einem Cousin wegen der Taliban aus Afghanistan fliehen. Vor einem Flughafentor wartend werden sie zuerst angerempelt und bekommen dann Ellenbogenstösse.
Als die Nato-Soldaten drei von vier Zugangstore zum Flughafen schliessen, bricht Massenpanik aus: Die Menschenmasse stösst die Mutter mit ihrem Kind und mehrere Familienmitglieder zu Boden. Verzweifelte Afghanen trampeln auf ihnen herum, jemand stösst ihr gegen den Kopf, wie sie später der US-Zeitung erzählt.
Da sie nicht mehr atmen kann, versucht sie sich verzweifelt das Kleid vom Leib zu reissen. Als sie es endlich wieder auf die Beine schafft, sucht sie ihre Tochter. Doch das Mädchen ist da bereits tot: «Ich fühlte puren Terror. Ich konnte sie nicht retten.»
Den Leichnam der Zweijährigen hat die Familie nun bereits beerdigt. Sie sind mittlerweile zurück in ihrem Haus. Eine Rückkehr zum Flughafen kommt für die Mutter aber nicht infrage: «Ich sterbe lieber in Würde zu Hause als einen unwürdigen Tod dort.»
US-Vizepräsidentin verteidigt Abzug der Truppen
09.10: US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan verteidigt. Präsident Joe Biden habe «die mutige und richtige Entscheidung» getroffen, einen seit 20 Jahren dauernden Krieg zu beenden, sagte Harris am Dienstag bei einem Besuch in Singapur.
«Wir hatten das erreicht, wofür wir dorthin gegangen waren.» Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban liege der Fokus nun auf der Evakuierung von US-Amerikanern, von Bürgern aus Partnerländern und von Afghanen, die mit den USA zusammengearbeitet haben.
08.20: Laut dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) befanden sich im Swiss-Flugzeug aus Taschkent 219 Passagiere an Bord. Davon seien 141 afghanisches Deza-Lokalpersonal und ihre Angehörigen.
Der Charterflug aus #Taschkent ist heute kurz nach 1 Uhr mit 219 Passagieren in #Zürich gelandet. An Bord:
— EDA - DFAE (@EDA_DFAE) August 24, 2021
141 afghanisches DEZA Lokalpersonal & ihre Angehörigen
78 Passagiere aus 🇦🇫, 🇩🇪 & 🇸🇪
Die 🇨🇭 trägt weiterhin an die globalen Evakuierungsanstrengungen aus #Kabul bei.
Zudem befanden sich in der Maschine weiter 78 afghanische, deutsche und schwedische Staatsangehörige. Der Flieger war heute um 1 Uhr in Zürich gelandet.
G7-Staaten diskutieren über mögliche Verlängerung der Evakuierungsmission
06.36: Trotz der ablehnenden Haltung der Taliban solle die Möglichkeit einer Verlängerung der Evakuierungsmission beim Gipfel der G7-Staats- und Regierungschefs am Dienstag Thema sein, bekräftigte ein Regierungssprecher in London. Es gehe darum, dass man im Kreis der G7 mit einer Stimme spreche.
Britische Regierungsmitglieder hatten am Montag bereits deutlich gemacht, dass die Evakuierungsmission ohne die USA nicht durchführbar wäre. Es komme nun auf jede Minute an, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Es gebe aber «echte Probleme» durch Massen von Menschen, die nicht die Kriterien für eine Evakuierung erfüllten, aber das Land verlassen wollten.
In London hiess es, Johnson werde die Staats- und Regierungschefs der G7 auch dazu aufrufen, ihre Unterstützung für Flüchtlinge und humanitäre Hilfe aufzustocken, hiess es in der Mitteilung aus London. Grossbritannien hatte eine Verdopplung seiner Entwicklungshilfegelder für Afghanistan auf 286 Millionen Pfund (rund 358 Millionen Franken) angekündigt, allerdings war das Budget erst vor kurzem drastisch gekürzt worden. Zu den G7-Staaten gehören neben Grossbritannien und Deutschland auch die USA, Frankreich, Italien, Kanada und Japan.
05.15: Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen beraten heute bei einem Sondergipfel über die Situation in Afghanistan. Auch Vertreter der EU sowie die Generalsekretäre von Nato und UN werden mit dabei sein.
Bei dem virtuellen Treffen am Nachmittag solle neben der Evakuierungsmission auch die langfristige Entwicklung des Landes auf dem Programm stehen. Zudem soll es darum gehen, wie die Errungenschaften der vergangenen 20 Jahre geschützt werden könnten. Vor allem im Hinblick auf die Bildung von Mädchen und die Rechte von Frauen und Minderheiten unter den Taliban.
Swiss-Flieger mit evakuierten Personen in der Schweiz angekommen
03.00: Eine gute Nachricht aus der Schweiz im Zusammenhang mit den Taliban und Afghanistan: Der vom EDA gecharterte Swiss-Flieger mit den aus Kabul evakuierten Personen ist in der Schweiz angekommen.
Der Flug mit der Flugnummer LX8845 von der usbekischen Hauptstadt Taschkent nach Kloten ist gemäss Flightradar24 am frühen Dienstagmorgen (1.47 Uhr) gelandet. Für diese Nacht-Landung dürfte wohl eine Sonderbewilligung erteilt worden sein.
Mit diesem Flug unterstützte die Schweiz die Luftbrücke, die die Ausreise aus Afghanistan möglich macht. Bisher konnten rund 100 Personen mit Schweizer Bezug aus Kabul ausgeflogen werden. Auch erste Lokalangestellte der DEZA mit ihren Familien konnten gestern Kabul verlassen.
Eigentlich hätte der Flug bereits am Samstag stattfinden sollen. Wegen der prekären Situation rund um den Flughafen Kabul musste er jedoch kurzfristig verschoben werden. Erst am Sonntag konnten nämlich zum ersten Mal auch lokale Deza-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter mit ihren Familien ins Innere gelangen. Nach EDA-Angaben handelt es sich um 70 Personen.
Die deutsche Bundeswehr flog sie über ihre Luftbrücke nach Taschkent, wo sie auf den Flug in die Schweiz warten. Zudem wurden 30 Personen mit Schweizer Bezug ausgeflogen. Das EDA arbeitet «mit Hochdruck, dass weitere Personen Kabul verlassen können».
Mindestens drei Babys auf der Flucht vor Taliban geboren
01.50: Im Rahmen der Evakuierungen aus Afghanistan sind nach Angaben des US-Militärs mindestens drei Babys auf die Welt gekommen. Seines Wissens nach seien es bislang drei gewesen, aber es gebe keine formelle Zählung. Das sagte General Steve Lyons am Montag bei einer Pressekonferenz des Pentagons.
Lyons sprach etwa über die Frau, die an Bord eines US-Evakuierungsflugzeugs ein Baby zur Welt gebracht hatte. Die Maschine war auf dem Weg zum US-Stützpunkt im pfälzischen Ramstein in Deutschland. Nach der Landung in Ramstein hat die Frau im Laderaum der Maschine ein Mädchen zur Welt gebracht. Bei der Geburt standen ihr die Soldaten bei.
23.09: Die aus Afghanistan geflohene Frauenrechtlerin Zarifa Ghafari ist am Montagabend in Deutschland eingetroffen. Wie die nordrhein-westfälische Staatskanzlei berichtete, landete sie zusammen mit Familienmitgliedern am Flughafen Köln/Bonn. Anschliessend traf sie in Düsseldorf den NRW-Ministerpräsidenten und Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU).
Ministerpräsident @ArminLaschet hat am Abend @Zarifa_Ghafari getroffen. Die Bürgermeisterin der afghanischen Stadt Maidan Shahr floh vor den Taliban mit ihrer Familie und kam heute am Flughafen Köln-Bonn an. Sie findet jetzt Schutz in Nordrhein-Westfalen. pic.twitter.com/g4PiwuHNHS
— Staatskanzlei NRW (@landnrw) August 23, 2021
Laschet nannte sie nach einem Gespräch «eine der engagiertesten Frauen Afghanistans». «Wir müssen das Schicksal der Frauen in Afghanistan im Bewusstsein halten», sagte er. «Wir müssen darüber reden, wir müssen Druck machen auf die Taliban. Und wir müssen noch mehr Frauen in den nächsten Tagen, so vielen wie möglich, helfen, das Land zu verlassen.»
Die 1992 geborene frühere Bürgermeisterin der afghanischen Stadt Maidan Shahr hatte offenbar erst vergangene Woche den Flughafen Kabul erreicht. Von dort war sie über Islamabad nach Istanbul ausgeflogen worden. Am Montagabend landete sie dann im Rheinland.
Evakuierungen vor Taliban gehen schneller voran
20.50: Trotz Gewalt und chaotischen Zuständen an den Gates zum Flughafen von Kabul schreitet die Evakuierungsmission voran. Das Tempo der Abflüge habe sich im Vergleich zu Sonntag fast verdoppelt. Das schrieb der zivile Repräsentant der Nato in Afghanistan, Stefano Pontecorvo, am Montag auf Twitter.
Die USA flogen erstmals innerhalb von 24 Stunden mehr als 10'000 Menschen aus Kabul aus. Zwischen dem frühen Sonntagmorgen und dem frühen Montagmorgen hätten 28 Flugzeuge des US-Militärs rund 10'400 Menschen ausser Landes gebracht. Das teilte das Weisse Haus in Washington mit. Im selben Zeitraum hätten ausserdem 61 Maschinen internationaler Partner rund 5900 Menschen evakuiert.
20.20: Eine Gruppe von US-Kriegsveteranen hilft afghanischen Dolmetschern bei der Flucht vor den Taliban. Die als «digitales Dünkirchen» bezeichnete Kampagne besteht aus einem Netzwerk von «Hunderttausenden von Menschen». Diese nutzen Satellitenbilder und andere Informationen, um Taliban-Kontrollpunkte zu lokalisieren.
Die Taliban haben es unter anderem auf Dolmetscher und andere Mitarbeiter der westlichen Mächte abgesehen. Der ehemalige CIA-Analyst und Afghanistan-Veteran Matt Zeller bezeichnete gegenüber «Fox News» die Dolmetscher als essenziell für die US-Truppen. Sie seien die «Augen und Ohren» der USA gewesen. Viele kritisieren US-Präsident Joe Biden, dass er die Evakuierung dieser Personen nicht prioritär behandelt.
Zum «digitalen Dünkirchen» gehören laut Zeller nicht nur Kriegsveteranen, sondern auch andere US-Bürger wie Pastoren. «Wir haben Geheimdienstanalysten, die mit der Analyse von Satellitenbildern begannen. Sie markieren die Taliban-Kontrollpunkte in Echtzeit mit Hilfe von Social-Media-Daten», erklärte Zeller.
So können sichere Routen zum Flughafen erstellt werden. Er selbst verbringe den Grossteil seiner Nächte damit, den Dolmetschern die neuesten Standorte der Kontrollpunkte mitzuteilen.