Tote und Festnahmen bei Protesten im Iran – Gewalt nimmt zu
Seit dem Tod von Mahsa Amini gehen Tausende Menschen im Iran auf die Strasse. Die Gewaltbereitschaft nahm am Wochenende zu.
Das Wichtigste in Kürze
- Erneut sind am Wochenende Tausende Menschen im Iran auf die Strasse gegangen.
- Auslöser der Demonstrationen war der Tod der 22-Jährigen Iranerin Mahsa Amini.
Nach dem Tod einer jungen Frau im Iran sind am Wochenende Tausende Menschen gegen das islamische Herrschaftssystem und die systematische Diskriminierung von Frauen auf die Strasse gegangen. Zugleich meldeten iranische Staatsmedien am Sonntag Gegendemonstrationen in der Hauptstadt Teheran und anderen Städten. An den Versammlungen hätten Tausende Menschen teilgenommen, um die andauernden Proteste von Regimekritikern zu verurteilen, hiess es.
Sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten treten bei den regimekritischen Protesten Augenzeugenberichten zufolge immer aggressiver auf. Es seien vermehrt Schüsse zu hören. Wie der iranische Staatssender IRIB am Sonntag berichtete, wurden inzwischen 41 Menschen getötet.
Mehr als 1000 Menschen festgenommen
Eine offizielle Bestätigung lag nicht vor. Die Polizei nahm nach offiziellen Angaben innerhalb von zwei Tagen alleine im Norden des Landes mehr als 1000 Menschen fest. Auch Reporter, die über die Proteste berichten wollten, wurden nach Angaben des iranischen Journalistenverbandes festgesetzt.
Die Rufe der Demonstranten gegen die islamische Führung werden Augenzeugen zufolge radikaler: Neben «Tod dem Diktator» skandierten die Demonstranten auch «Das ist das Jahr des Blutvergiessens!» und «Lieber sterben wir als weiterhin Erniedrigung zu ertragen!».
Vor allem junge Demonstranten beschädigten laut Augenzeugen öffentliche Einrichtungen, setzten Autos und Mülleimer in Brand und verprügelten Polizisten. Präsident Ebrahim Raisi kündigte einmal mehr ein hartes Durchgreifen gegen Demonstranten an. Unterdessen lösten unbestätigte Berichte Besorgnis aus, wonach die iranische Regierung auch Hisbollah-Milizen aus dem Libanon zur Niederschlagung der Proteste einsetzen wolle.
Regierung schränkt seit Protesten Internet ein
Auslöser der Demonstrationen ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie war von der Sittenpolizei wegen eines Verstosses gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen worden. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar.
Bekannt ist, dass sie zunächst ins Koma fiel und am 16. September in einem Krankenhaus verstarb. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.
Als Reaktion auf die Proteste hat die Regierung den Zugang zum Internet stark eingeschränkt. Insbesondere mobile Funknetze funktionieren kaum. Den Demonstranten wird es damit erschwert, sich zu organisieren.
Innenminister Ahmad Wahidi bekräftigte am Samstag die Sicht der Regierung auf Amidis Tod. «Die medizinischen Untersuchungen und jene der Gerichtsmedizin zeigen, dass es weder Schläge (seitens der Polizei) noch einen Schädelbruch gegeben hat», sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Die voreiligen Schlüsse in diesem Fall und die folgenden Proteste seien auf der Basis von falschen Interpretationen entstanden. Aminis Vater sagten dagegen, dass seine Tochter keinerlei Herzprobleme gehabt habe und daher auch nicht, wie behauptet, an Herzversagen gestorben sein könne.