Sexuelle Gewalt ist laut Expertin Kriegsstrategie im Sudan
Im Bürgerkrieg des Sudans sind Frauen und Kinder die Hauptopfer sexueller Gewalt.

In dem seit zwei Jahren andauernden Bürgerkrieg im Sudan leiden Frauen und Kinder UN-Angaben zufolge in besonderem Masse. Sie machen demnach 80 Prozent der bald 13 Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen im drittgrössten Land Afrikas aus. Sie sind es auch, die in besonderem Mass von sexueller Gewalt betroffen sind.
«Es ist ein Krieg, der die Körper von Frauen und Kindern als Kriegswaffe und Kriegsstrategie benutzt», sagt Hala al-Karib, Sudan-Direktorin der Frauenrechtsorganisation Siha. Insbesondere in der Region Darfur, die vor gut 20 Jahren Schauplatz eines Völkermords war, habe sexuelle Gewalt durch Milizen eine lange Tradition.
Straflosigkeit fördert Gräueltaten
«Was derzeit in meinem Land passiert, ist definitiv ein Ergebnis von Jahren der Straflosigkeit und des Schweigens über Gräueltaten und Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie Zivilisten in Darfur.» Frauen und Mädchen würden vor den Augen ihrer Familien vergewaltigt, auch um diese Zeugen zu demütigen und zu brechen. Es gibt Berichte über sexuelle Versklavung.
Das UN-Kinderhilfswerk hatte vor wenigen Wochen einen Bericht veröffentlicht, wonach allein im vergangenen Jahr 221 Fälle von Vergewaltigungen von Minderjährigen angezeigt worden waren. Dabei seien 16 Opfer jünger als fünf Jahre gewesen – in vier Fällen habe es sich gar um einjährige Kleinkinder gehandelt.
Die Dunkelziffer ist hoch
Siha hat in einer Stellungnahme für den UN-Menschenrechtsrat mehr als 300 Fälle dokumentiert. Doch die Dunkelziffer gilt als hoch. Wie viele Frauen und Kinder tatsächlich Opfer sexueller Gewalt sind, ist angesichts des damit verbundenen Stigmas in dem konservativen Land unbekannt.
Viele Frauen schweigen aus Scham oder wagen sich nicht mehr zu ihrer Familie zurück, berichtet al-Karib. In einem besonders extremen Fall habe die Familie eine vergewaltigte Frau mit schweren Unterleibsblutungen sogar aus dem Krankenhaus geholt, wo Ärzte sie behandeln wollten. «Bis wir sie endlich gefunden hatten, war sie leider verblutet», sagt die Menschenrechtlerin.