Türkei ermittelt intensiv gegen 15 Saudi-Araber in Istanbul
Die Untersuchungen zum Fall des verschwundenen saudi-arabischen Journalisten laufen auf Hochtouren. Immer mehr fragwürdige Umstände treten ans Tageslicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor acht Tagen ist ein saudi-arabischer Journalist in Istanbul verschwunden.
- Ermittler haben den Verdacht, dass er im Konsulat ermordet wurde.
- 15 Saudi-Araber waren während seines Aufenthalts ebenfalls im Konsulat.
Acht Tage nach dem Verschwinden des saudi-arabischen Journalisten Dschamal Chaschukdschi in Istanbul haben die türkischen Medien neue Einzelheiten zu den 15 Saudi-Arabern veröffentlicht, die von Ermittlern wegen der Ermordung des Regierungskritikers verdächtigt werden. Eine Zeitung druckte heute Mittwoch Bilder der angeblichen Mitglieder des «Anschlagsteams», während ein Fernsehsender Aufnahmen der Überwachungskameras vor dem saudi-arabischen Konsulat zeigte. Chaschukdschis Verlobte bat US-Präsident Donald Trump um Hilfe.
Die türkischen Ermittler hegen den Verdacht, dass Chaschukdschi beim Besuch des Konsulats seines Landes am Dienstag vergangener Woche ermordet wurde. Die Polizei ermittelt gegen 15 Saudi-Araber, die am Tag seines Verschwindens in zwei Flugzeugen in Istanbul eintrafen und am Abend wieder abflogen. Sieben der Männer sollen zum Zeitpunkt von Chaschukdschis Besuch im Konsulat gewesen sein.
Bilder der mutmasslichen Täter veröffentlicht
Die regierungsnahe Zeitung «Sabah» veröffentlichte die Namen, Geburtsdaten und Fotos von 15 Männern, die sie als Mitglieder des angeblichen «Anschlagsteams» bezeichnete. Die Fotos stammten demnach von der Passkontrolle am Istanbuler Atatürk-Flughafen und der Rezeption eines Luxushotels, in dem die Saudi-Araber nach ihrer Ankunft eincheckten, ohne dort aber die Nacht zu verbringen.
Saudi-Arabien weist die Verdächtigungen zurück, ist aber bisher den Beweis schuldig geblieben, dass Chaschukdschi das Konsulat wieder lebend verliess. Der türkische Fernsehsender 24 TV veröffentlichte am Mittwoch Bilder einer Überwachungskamera, die Chaschukdschi beim Betreten des Konsulats zeigen sowie einen schwarzen Van, wie er zwei Stunden später das Gebäude verlässt. Demnach fuhr das Auto zur nahegelegenen Residenz des Konsuls.
Zwei Hotels, keine Übernachtung
Nach Informationen von «Sabah» checkten die 15 Saudi-Araber in zwei Luxushotels in Istanbul ein, kehrten jedoch noch am Abend über Dubai und Ägypten nach Saudi-Arabien zurück. Demnach durchsuchte die türkische Polizei eine der beiden Maschinen vor dem Abflug. «Hürriyet» berichtete, neun der Saudi-Araber hätten in Istanbul Koffer gekauft, diese aber beim Abflug nicht mitgenommen.
Saudi-Arabien stimmte am Dienstag zu, dass die türkische Polizei das Konsulat in Istanbul durchsucht. Bisher fand die Durchsuchung aber nicht statt. Der Fall sorgt seit Tagen international für Aufsehen.
Donald Trump um Hilfe gebeten
Chaschukdschis türkische Verlobte Hatice Cengiz bat am Dienstag US-Präsident Trump in der «Washington Post» um Hilfe bei der Aufklärung des Falls. Chaschukdschi war in das Konsulat gegangen, um ein Dokument für die Heirat mit Cengiz abzuholen.
Die «Washington Post» berichtete unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle, der US-Geheimdienst habe ein Gespräch zwischen Vertretern Saudi-Arabiens abgefangen, in dem diese über einen Plan zur Festnahme Chaschukdschis berieten. Demnach ging es um Wege, ihn nach Saudi-Arabien zu locken.
Er war besorgt
Chaschukdschi war im September 2017 aus Furcht vor einer Festnahme in die USA ins Exil gegangen, wo er unter anderem für die «Washington Post» schrieb. Drei Tage vor seinem Verschwinden äusserte er in einem Interview mit der BBC die Sorge, bei einer Rückkehr nach Saudi-Arabien verhaftet zu werden.
Nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) wurden in Saudi-Arabien im vergangenen Jahr mindestens 15 Journalisten und Blogger festgenommen. Zumeist sei ihre Festnahme nie offiziell bestätigt worden, und auch der Ort oder die Gründe ihrer Inhaftierung seien nicht öffentlich gemacht worden, erklärte RSF.
Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman hat weitreichende Reformen eingeleitet, zugleich aber die Repression gegen Kritiker verschärft. Chaschukdschi hatte wiederholt seine Politik kritisiert und sich auch gegen die Militärintervention im Jemen, die Blockade Katars und die Verfolgung der Muslimbruderschaft ausgesprochen.