Witwe von IS-Terrorchef gibt Einblick in ihr Eheleben
Die Witwe des IS-Anführers al-Baghdadi gibt Einblicke und stellt sich als Opfer dar. Jesiden sehen sie aber als Täterin und fordern die Todesstrafe.
Das Wichtigste in Kürze
- Umm Hudaifa erzählt aus dem Leben mit ihrem Ehemann und IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi.
- Er sei vor der Radikalisierung konservativ, religiös, aber nicht extremistisch gewesen.
- Sie gibt den USA und einem angeblichen Folter-Camp Schuld an der Radikalisierung.
Jahrelang terrorisierte der Islamische Staat angeführt von Abu Bakr al-Baghdadi Syrien und den Irak. 2019 wurde er von US-Spezialkräften in Syrien aufgespürt und getötet. Nun gibt seine erste Frau gegenüber der «BBC» Einblicke in das Leben an der Seite des Terrorfürsten. Und stellt sich selbst als Opfer dar.
Umm Hudaifa heiratete al-Baghdadi, der damals noch einen anderen Namen trug, im Jahr 1999. Sie beschreibt ihn als «religiös, aber nicht extremistisch», er sei «konservativ, aber weltoffen» gewesen.
An seiner Radikalisierung haben laut Umm Hudaifa die USA eine Mitschuld: So wurde al-Baghdadi 2004 gefangengenommen und verbrachte ein Jahr im Lager Camp Bucca im Süden des Iraks. Dort traf er auf etliche Männer, die später hohe Positionen im Islamischen Staat oder anderen islamistischen Organisationen bekleideten.
Nach seiner Freilassung habe sie Veränderungen festgestellt, er sei jähzornig gewesen und habe zu Wutausbrüchen geneigt. Er habe unter psychischen Problemen gelitten, darüber aber nicht mit seiner Frau gesprochen. Er habe gesagt, er sei etwas ausgesetzt gewesen, was sie nicht verstehe.
Umm Hudaifa glaubt, ihr Ehemann sei von den USA «sexuell gefoltert worden». Andere einstige Gefangene werfen den USA ebenfalls vor, im Camp Bucca gefoltert zu haben. Bilder aus anderen Lagern, etwa aus Abu Ghraib, zeigen Folter, unter anderem auch sexuell motivierte.
Gab es bereits vor Gefangennahme Kontakte zu al-Kaida?
Ob sich al-Baghdadi tatsächlich erst 2004 radikalisiert hat, ist fraglich: Andere Bekannte berichteten in der Vergangenheit, dass es bereits zuvor Kontakt zu al-Kaida gab.
Nach der Freilassung gab der Terrorchef auch striktere Regeln für seine Ehefrau vor: So durfte sie seit 2007 nicht mehr fernsehen oder das Handy benutzen. Im Haus, in dem sie wohnten, gab es aber einen TV. Wenn er nicht zuhause gewesen sei, habe sie jeweils heimlich ferngesehen. Und dort sah sie zu ihrer grossen Überraschung, wie sich ihr Ehemann 2014 als Oberhaupt des IS zu erkennen gab.
Sie sei schockiert gewesen. Zuvor habe sie nichts von seinen Machenschaften gewusst, behauptet sie im «BBC»-Interview. Als sich al-Baghdadi in der Moschee in al-Nuri zu erkennen gab, glaubte Hudaifa, er sei mit den Söhnen im Euphrat.
Witwe versuchte zu fliehen
In der Folge nahm sich der Terrorchef eine zweite Frau, Hudaifa wollte die Scheidung. Doch sie wollte die gemeinsamen Kinder nicht zurücklassen, weshalb sie blieb. Sie habe aber versucht, zu fliehen, sagt sie. An einem Kontrollpunkt habe man sie nicht durchgelassen und wieder nach Hause geschickt.
Irgendwann gelang dann die Flucht in die Türkei, wo sie bis 2018 unter falschem Namen lebte. Dann wurde sie festgenommen, 2024 wurde sie in den Irak geschickt, wo sie nun in einem Gefängnis sitzt. Es wird wegen mutmasslicher terroristischer Taten ermittelt. Denn Angehörige von jesidischen Opfern des IS haben Anklage erhoben.
Jesiden fordern Todesstrafe
Entgegen ihrer eigenen Darstellung sei Umm Hudaifa nicht das Opfer ihres Ehemannes gewesen, sondern selbst Täterin. Die Jesiden sagen: «Sie war für alles verantwortlich.» Sie habe bei den Versklavungen die Auswahl getroffen. Sie habe gesagt, welche Frauen und Mädchen zu ihr kämen und welche zu ihrem Ehemann.
«Sie ist die Frau des Verbrechers Abu Bakr al-Baghdadi, und sie ist eine Verbrecherin genau wie er.» Dies sagt die Schwester einer entführten, versklavten und vergewaltigen Jesidin. Sie fordert deshalb die Todesstrafe für Umm Hudaifa.