Zehn Tote bei Protesten und Plünderungen in Chile
Wie eine Oase im unruhigen Lateinamerika – so beschrieb Chiles Präsident Sebastián Piñera vor kurzem sein Land. Doch plötzlich gibt es dort Proteste und Tote.
Das Wichtigste in Kürze
- In Chile finden gewalttätige Proteste gegen soziale Missstände statt.
- Die Proteste forderten inzwischen mindestens zehn Tote.
- Auslöser der Proteste war die Fahrpreiserhöhung der U-Bahn in Santiago.
Am Rande gewalttätiger Proteste gegen soziale Missstände sind in Chile mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Die Leichen wurden nach verschiedenen Plünderungen in der Hauptstadt Santiago gefunden, unter anderem in ausgebrannten Supermärkten, einer Baumarktkette und einer Textilfabrik, wie die Behörden am Sonntag (Ortszeit) berichteten.
Die Proteste hatten sich an einer Fahrpreiserhöhung für die U-Bahn in Santiago um vier Euro-Cent pro Ticket entzündet. Die Demonstrationen hielten am Sonntag aber an, obwohl Präsident Sebastián Piñera den Plan inzwischen zurückgezogen hat.
Wut und Frust entlädt sich in Chile
Beobachtern zufolge entlädt sich in dem südamerikanischen Staat mit seinen rund 18 Millionen Einwohnern ein über Jahre aufgestauter Frust über die wachsende soziale Ungleichheit sowie über niedrige Renten und hohe Hürden für Arme beim Zugang zum Bildungssystem. Hinzu kommt Wut über Korruptionsfälle.
Setzen sich die gewalttätigen Proteste fort, könnte auch die UN-Klimakonferenz in Chile vom 2. bis zum 13. Dezember beeinträchtigt werden. Zu dem Treffen reisen mehrere tausend Diplomaten, Aktivisten und Journalisten aus aller Welt nach Santiago
«Wir sind im Krieg»
Piñera, der den Ausnahmezustand verhängt hat, sagte am Sonntagabend in einer vom Fernsehen übertragenen Rede zu der Gewalt auf den Strassen: «Wir sind im Krieg mit einem machtvollen und unerbittlichen Feind, der nichts und niemanden respektiert.»
Das Ziel vieler Protestierender sei es, Geschäfte, Krankenhäuser und andere Gebäude in Brand zu setzen, um grösstmöglichen Schaden anzurichten. Zugleich sagte er: «Ich habe die Stimme meiner Mitbürger gehört».
Unmut bildete sich seit Jahren
Angesichts der Proteste in anderen Ländern Lateinamerikas wie etwa Ecuador hatte Piñera noch vor kurzem gesagt, Chile sei wie eine «wahre Oase, eine stabile Demokratie, eine wachsende Wirtschaft». Doch unter der Oberfläche schwelt nach Einschätzung von Beobachtern seit Jahren Unmut über eine wachsende soziale Schieflage.
Fünf der bisher zehn Toten wurden in einer geplünderten und in Brand gesetzten Kleiderfabrik in Santiago de Chile geborgen, wie die Feuerwehr am Sonntagabend mitteilte. Am Morgen waren in zwei Supermärkten der Hauptstadt zwei Frauen und ein Mann ebenfalls bei Bränden nach Plünderungen umgekommen. Weitere zwei Tote wurden in der ausgebrannten Halle einer Baumarktkette im Süden Santiagos aufgefunden, teilte Bürgermeisterin Karla Rubilar mit.