Seit dem Kalten Krieg versucht China sich mit Pandabären-Geschenken dem Westen anzunähern. Hinter der «Panda-Diplomatie» versteckt sich politisches Kalkül.

Das Wichtigste in Kürze

  • In Berlin werden zwei Panda-Babys geboren.
  • Der Westen vergisst für einen Moment seine Differenzen mit China.
  • Hinter den niedlichen «Geschenken» aus China versteckt sich politisches Kalkül.
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Proteste in Hongkong, ein Handelskrieg mit den USA, Minderheiten in Konzentrationslagern. Die Grossmacht China erscheint selten positiv in unseren Schlagzeilen und unserem Diskurs.

Doch wer glaubt, dem Reich der Mitte wäre sein Ruf im Westen egal, der irrt. Die Chinesen versuchen einfach gar nicht erst, sich gross zu erklären. Sie haben eine andere Strategie.

Die «Panda-Diplomatie»

Die Strategie hat ein flauschiges Fell, ist ziemlich tollpatschig und lebt vegan. Die «Panda-Diplomatie» beschreibt, wie China Pandabären an strategisch wichtige Länder ausleiht – und sie auch wieder wegnimmt.

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Die Taiwanesen vergöttern ihre Pandabären im Taipei Zoo. Die Herkunft oder Hintergrundgeschichte spielt da keine Rolle mehr. - Keystone

Die Tiere amten zugleich als Devisenbringer, Handelsdeal-Siegel, Solidaritätsbekenntnis und diplomatisches Druckmittel.

Panda Meng Meng gives birth to twins in Berlin
Die Panda-Dame Meng Meng hat kürzlich im Berliner Zoo Zwillinge zur Welt gebracht. - keystone
Die Pandabären sind halt auch einfach unwiderstehlich süss.
China Armee
China hat die grösste Armee der Welt. - AFP/Archiv

Denn in den Zoos dieser Welt lösen die knuddeligen Pandas wahre Begeisterungsstürme aus. Zum Beispiel im Edinburgh Zoo, der bis 2011 mit Verlusten kämpfte.

Kurz vor Abschluss eines Milliardendeals zwischen Schottland und China bekam er zwei Pandas von Peking. Prompt verdoppelten sich die Zoo-Einnahmen binnen zwei Jahren, wie der «Spiegel» herausfand.

Seit jeher versucht das Reich der Mitte, mit dem Jö-Faktor die Herzen der Menschen für sich zu gewinnen.

Durch einen «so herzigen, freundlichen und liebenswürdigen Botschafter wie den Panda», erklärte 2017 eine Botschaftssprecherin in Washington dem «Wall Street Journal», sei es «definitiv leichter für uns, für die Freundschaft und Kooperation zwischen unseren Ländern zu werben». Gerade «einfache Menschen» verstünden das durch die Tiere besser.

Aus Tradition wird Strategie

Dass Herrscher Tiere verschenken, um Beziehungen zu pflegen, ist historisch nichts Aussergewöhnliches. Karl der Grosse erhielt 802 einen Elefanten vom Kalifen von Bagdad, Ägypten verschenkte 1827 drei Giraffen.

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Der Panda im Zoo von Shenyang guckt in die Kamera. - AFP

Der West-Berliner Zoo wurde 1962 die neue Heimat eines amerikanischen Weisskopfseeadlers, der nach dem Bürgermeister Willy Brandt benannt wurde. Dumm nur, dass es sich beim Geschenk laut Tierarzt um ein «ziemlich altes Luder» handelte, dass zwei Jahre später starb. Das erzählt Jan Mohnhaupt in seinem Buch «Der Zoo der Anderen».

Auch die Schweiz kennt sich mit tierischen Geschenken aus. 2009 schenkte der russische Präsident Dmitri Medwedew bei seinem Staatsbesuch den Bernern zwei Bären. Misha und Masha wohnen heute im Dählhölzli. An der Eröffnung des Bärenwaldes sagte der russische Botschafter Michail Makarow: «Misha und Masha sind ein bärenstarkes und lebendiges Zeichen der Freundschaft zwischen Russland und der Schweiz.»

willy brandt
Der Berliner Bürgermeister Willy Brandt erhielt 1962 von den Kennedy-Brüdern einen altersschwachen Weisskopfseeadler. - Keystone

China treibt es mit den Pandas aber auf die Spitze. Seit dem 7. Jahrhundert vergibt China die Bären, die es nur bei ihnen gibt. Im Kalten Krieg entwickelte sich aus ursprünglichen Geschenken dann eine aussenpolitische Taktik.

Westliche Nationen bekamen nacheinander Pandabären, um strategisch wichtige Bündnisse zu besiegeln. Zuerst die Sowjetunion 1957, dann Frankreich, England, Mexiko und Japan.

China kann auch weniger nett

China besteht aber darauf, die Tiere jederzeit auch wieder zurückfordern zu können. Als Obama beispielsweise 2010 trotz chinesischen Protesten den Dalai Lama empfing, wurden die Pandas aus dem Washingtoner Zoo direkt ausgeflogen. Österreich drohte das gleiche Schicksal – es konnte seine Bären aber mit einem reumütigen Bekenntnis zur «Ein-China-Politik» gerade noch retten, wie der «Spiegel» schreibt.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. Die Pandas seien «ein trojanisches Pferd», sagte ein taiwanischer Politiker 2006 der «LA Times». China hatte Taiwan, dessen Autonomie Peking nicht anerkennt, zwei Pandas angeboten: Sie hiessen übersetzt «Wiedervereinigung».

Trotz der offensichtlichen Provokation stimmten über 70 Prozent der Taiwanesen dafür, die Tiere aufzunehmen. Die Regierung blieb aber hart – bis der prochinesische Ma Ying-Jeou 2008 an die Macht kam. Er gewährte den Pandas Zugang zum Zoo von Taipei. Und Millionen von demokratischen Taiwanesen liessen den Kommunisten-Bären in ihr Herz.

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