Talahon: Poser-Klischee wird zum Tiktok-Trend
Männliche Jugendliche mit Markenklamotten und fragwürdigen Einstellungen sind nichts Neues. Auf Tiktok haben sie nun aber einen Namen bekommen: Talahon.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Tiktok und anderen Plattformen geht der Begriff Talahon viral.
- Er beschreibt männliche, migrantische Jugendliche, die einen gewissen Lifestyle pflegen.
- Die Trennlinien zwischen Trend, Klischee und Rassismus sind dabei fliessend.
Auf Tiktok geistert ein Begriff herum, der es mittlerweile auch in die grossen konventionellen Medien geschafft hat. Die Rede ist von Talahon. Gemeint sind Buben und junge Männer mit Migrationshintergrund und einem bestimmten Auftreten.
Talahon mögen Gucci-Täschchen und -Caps, sprechen gebrochen Deutsch und bewegen sich mit ihren Welt- und Frauenbildern eher abseits der Norm. Sie treten meist in Gruppen auf und sind – oder geben sich – kriminell. Was dem Einen als Schreckensbild erscheint, ist für die Anderen eine Art coole Subkultur.
Die neuen Gangster?
Seinen Ursprung hat der Begriff, wie unter anderem «Der Standard» berichtet, in einem Lied des deutschen Musikers Hassan. Dieser rappt in seinem Song «Ta3al Lahon»: «Talahon, ich geb' dir ein'n Stich, bin der Patron.»
Die Wortneuschöpfung soll auf den arabischen Ausdruck «taeal huna» (dt. etwa «komm her») zurückgehen. Insgesamt geht es in erster Linie um Männlichkeit und ein hartes Leben auf der Strasse. Ähnlich inszenierten sich bereits seit den 1980er-Jahren Bandenkriminelle als Gangster in den USA.
Klicks dank Empörung und Talahon
Auf Tiktok machen sich diverse Videos über den Klischee-Trend lustig. Zugleich inszenieren sich viele Akteure aktiv als Talahon. Auf YouTube sorgt das Format «Frankfurt Tinder» mit entsprechenden Männern für Klicks und Empörung.
In der Frankfurter Innenstadt treffen junge Männer und Frauen auf potenzielle Datingpartner. Inmitten grölender Schaulustiger wird erklärt, warum man das Gegenüber daten oder eben gerade nicht daten möchte. Die Talahon machen hierbei aus ihren problematischen Ansichten und Umgangsformen keinen Hehl.
So werden junge Frauen aufs Derbste sexualisiert und beleidigt, während junge Männer ihre Rädelsführer feiern. Im Kommentarbereich zeigt man sich entsetzt. Derartiges Verhalten, so die recht einhellige Meinung, spiele nur Rechtsextremen in die Hände.
Freifahrtschein für Rassismus?
Tatsächlich scheint der Trend ein rassistisches Klischee zu bedienen. So fürchtet beispielsweise der deutsche Rapper Animus im Gespräch mit «Der Spiegel», dass sich ein neuer Begriff etablieren könnte.
Als «neues Synonym für Kanake» könnte sich Talahon unter dem Deckmantel des Humors zu einem «verbalen Freifahrtschein» für Rassismus entwickeln.