Zum Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums ist es in Barcelona erneut zu gewaltsamen Zusammenstössen mit der Polizei gekommen.
Auf den Strassen Barcelonas kam es am Montagabend erneut zu gewaltsamen Protesten.
Auf den Strassen Barcelonas kam es am Montagabend erneut zu gewaltsamen Protesten. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Montag haben 180.000 Demonstranten für die Unabhängigkeit Kataloniens protestiert.
  • Vor dem katalanischen Parlament schlugen die Proteste in Gewalt um.
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Ein Jahr nach dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien haben in Barcelona rund 180.000 Menschen für die Abspaltung der Region von Spanien demonstriert. Im Anschluss an die Kundgebung kam es am Montagabend zu Ausschreitungen radikaler Unabhängigkeitsbefürworter. Hunderte Aktivisten hatten zuvor in Girona nördlich von Barcelona die Gleise einer Hochgeschwindigkeitsstrecke besetzt und mehrere wichtige Strassen blockiert. Regionalpräsident Quim Torra begrüsste die Aktionen als Mittel, «Druck zu machen».

Kurz nach 21 Uhr stürmten Demonstranten die Absperrungen vor dem Regionalparlament in Barcelona. Vermummte Aktivisten versuchten, mit Mülleimern Barrikaden zu errichten und warfen Steine auf die katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra.

Regionalpräsident Torra wurde bei der Kundgebung in Barcelona ausgepfiffen. Teilnehmer warfen ihm vor, der spanischen Zentralregierung nicht ausreichend Widerstand zu leisten.

Zuvor hatten hunderte vorwiegend vermummte Unabhängigkeitsbefürworter die Hochgeschwindigkeitsgleise im Bahnhof von Girona besetzt, wie der Bahnbetreiber Renfe mitteilte. Fernsehsendern zufolge blockierten Demonstranten darüber hinaus in Barcelona und Lleida wichtige Strassen.

Autobahnen blockiert

Nach Angaben der Behörden waren auch die Autobahn A7 zwischen Barcelona und Valencia und die A2 zwischen Barcelona und Madrid blockiert. Auf dem Gebäude der Regionalregierung in Girona ersetzten Aktivisten zudem die spanische Flagge durch Fahnen der Unabhängigkeitsbefürworter.

Zu den Aktionen hatten die Komitees zur Verteidigung der Unabhängigkeit (CDR) aufgerufen. «Vor einem Jahr riefen wir die Republik aus - schreiten wir zur Tat», erklärten die CDR-Basisgruppen im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Spaniens Aussenminister Josep Borrell, selbst Katalane, mahnte Torra, das Aufrechterhalten der öffentlichen Ordnung liege in der Verantwortung der Regionalregierung. Der Regionalpräsident erinnerte im nordkatalonischen Ort Sant Julià de Ramis an die Volksbefragung vor einem Jahr. «Alles fing am 1. Oktober an und alles geht auf den 1. Oktober zurück», sagte er vor einem weissen Banner mit der Aufschrift «Kein Vergessen, kein Vergeben».

Auf Barcelonas Strassen forderten am Montag tausende Studenten, dass die Ergebnisse des Referendums aus dem vergangenen Jahr anerkannt werden sollten. Bereits am Samstag hatte es in der katalanischen Hauptstadt Zusammenstösse zwischen katalanischen Aktivisten und Polizisten gegeben. 24 Menschen wurden dabei verletzt, die Polizei meldete sechs Festnahmen.

Langjähriger Kampf Kataloniens

Der jahrelange Streit um die Abspaltung Kataloniens war vor einem Jahr eskaliert. Das von Madrid untersagte Referendum wurde trotz eines massiven Polizeiaufgebots am 1. Oktober abgehalten; es gab ein Ja zur Unabhängigkeit bei allerdings geringer Beteiligung. Bilder von brutalen Polizeieinsätzen vor den Wahllokalen gingen um die Welt.

Am 27. Oktober rief das katalanische Parlament einseitig die Unabhängigkeit Kataloniens aus. Die spanische Zentralregierung unter dem damaligen konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy setzte daraufhin die Regionalregierung ab. Mehrere katalanische Unabhängigkeitsbefürworter wurden unter anderem wegen «Rebellion» inhaftiert, der ehemalige Regionalpräsident Carles Puigdemont und mehrere seiner Kabinettsmitglieder flohen ins Ausland.

Seit Anfang Juni regieren in Madrid die Sozialisten unter Ministerpräsident Pedro Sánchez. Regierungssprecherin Isabel Celáa sagte am Jahrestag des Referendums, es gebe nichts zu feiern. Die Abstimmung sei «illegal» gewesen und somit rechtlich ohne Konsequenzen. Den katalanischen Regionalpräsidenten Torra rief sie auf, seine «Sprache zu mässigen». Schliesslich habe ihre Regierung «den Dialog mit den katalanischen Behörden» aufgenommen. Zugleich bezeichnete Celáa den massiven Polizeieinsatz vor einem Jahr als Fehler.

Inzwischen ist auch das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter über das weitere Vorgehen gespalten: Radikalere Gruppen wie die CDR oder die ultralinke CUP werfen Torras Regionalregierung eine zu zögerliche Haltung gegenüber Madrid vor.

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