Millionen Vollzeitbeschäftigte verdienen weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohns. Besonders Frauen und Ostdeutsche sind betroffen.
Stellenanzeigen hängen im Fenster einer Zeitarbeitsfirma.
Millionen Arbeitnehmer in Vollzeit verdienen sehr wenig. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Vier Millionen Vollzeitbeschäftigte verdienen nur knapp 2400 Franken im Monat.
  • Ein Drittel aller Frauen sind davon betroffen, sowie ein Drittel der Ostdeutschen.
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Knapp 4,2 Millionen Vollzeitbeschäftigte in Deutschland arbeiten für einen Lohn, der weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohns beträgt. Das waren im vergangenen Jahr auf ganz Deutschland gerechnet 2139 Euro (2422 Franken) im Monat, für den Osten galt eine Schwelle von 1733 Euro (1963 Franken), wie aus einer Antwort der Regierung auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht. Zu niedrigen Löhnen arbeiten demnach vor allem Frauen und Ostdeutsche.

Die Vize-Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl forderte daher heute Freitag «im Interesse der Menschen, des sozialen Zusammenhalts und der politischen Stabilität» einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung heute Freitag über die Zahlen berichtet.

Sozialer Sprengstoff

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten stieg den Angaben zufolge von 1999 bis 2017 nur geringfügig um 1,6 Prozent: von 21,61 Millionen auf 21,95 Millionen. Rund jeder Fünfte dieser Gruppe arbeitete demnach für einen Lohn unter der so genannten Niedriglohnschwelle – die Zahl stieg von 3,84 Millionen 1999 auf 4,17 Millionen im Jahr 2017.

Bei den Frauen beträgt der Anteil der Niedriglöhner den Angaben zufolge rund 27 Prozent, bei den Männern sind es rund 16 Prozent. In Ostdeutschland lag der Anteil der vom Niedriglohn betroffenen demnach mit 33,6 Prozent im Jahr 2017 doppelt so hoch wie in Westdeutschland mit 16,7 Prozent.

«Die Erfolgsmeldungen am Arbeitsmarkt verkehren sich bei genauerer Betrachtung in ihr Gegenteil», kritisierte Ferschl. «Wenn jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte zum Niedriglohn schuftet, dann muss Politik handeln.» Der Befund sei nicht nur für alle betroffenen Beschäftigten eine individuelle Katastrophe, er berge auch gesellschaftlich gewaltigen sozialen und politischen Sprengstoff.

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