Abschiebung: Taliban offen für Zusammenarbeit mit Deutschland
In der Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan fordert der Taliban-Sprecher die deutschen Behörden zu bilateralen Gesprächen auf. Ein heikles Thema.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Taliban sind offen für Gespräche über Abschiebungen von Afghanen.
- Kritiker warnen jedoch vor einer Kooperation mit den isolierten Taliban.
- Kein Land hat die Taliban-Regierung bisher offiziell anerkannt.
Der tödliche Messer-Angriff in Mannheim hat die Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan erneut entfacht. Denn: Der Mann, der mehrere Menschen verletzte und einen 29-jährigen Polizisten tötete, ist Afghane. Aufgrund des Taliban-Regimes würde ihn Deutschland Stand heute auch nicht abschieben, wenn er wegen Mordes verurteilt würde.
Kürzlich warnte Afghanistan-Experte Thomas Ruttig bereits vor Abschiebungen in das von Terroristen regierte Land. Der Journalist erklärt gegenüber der deutschen «Tagesschau», die dort regierenden Taliban könnten von solch einer Vereinbarung profitieren.
«Ganz sicher würden die Taliban solche Gespräche propagandistisch ausschlachten», so Ruttig. «Sie könnten sie als Teillegitimation darstellen und sich gleichzeitig als konstruktiv präsentieren.»
Und tatsächlich: Jetzt haben sich die islamistischen Taliban auf der Plattform X offen für eine Zusammenarbeit gezeigt.
Kritiker warnen vor Gesprächen mit Taliban
Das Islamische Emirat Afghanistan fordere die deutschen Behörden auf: Die Angelegenheit solle im Rahmen üblicher konsularischen Beziehungen und eines geeigneten Mechanismus auf Grundlage einer bilateralen Vereinbarung geregelt werden. Dies erklärte der Sprecher des Taliban-Aussenministeriums, Abdul Kahar Balchi, auf der Plattform X.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen zu wollen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) prüft das derzeit. Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen.
Grünen-Vertreter lehnen Abschiebungen von Afghanen und eine Taliban-Kooperation dafür ab oder stehen dem Vorhaben skeptisch gegenüber.
Bislang hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt
Ein Umweg über Nachbarländer Afghanistans wie Pakistan wird derzeit ebenfalls von der Bundesregierung erwogen. Diese Möglichkeit lehnen die Taliban jedoch offensichtlich ab. Auslieferungen an Drittstaaten seien ein Verstoss gegen geltende Konventionen, hob der Sprecher des Aussenministeriums in seiner Mitteilung hervor.
Bislang hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt. Westliche Staaten fordern für eine Anerkennung unter anderem die Einhaltung von Menschen- und vor allem Frauenrechten in dem Land. Andere Staaten, vor allem Nachbarländer, haben sich gleichwohl für einen pragmatischeren Umgang mit den Islamisten ausgesprochen.