Jetzt fordern Politiker striktere Abschiebungen
Deutsche Politiker wollen die Abschieberegeln anpassen, um den Mannheim-Angreifer nach Afghanistan abzuschieben. Dies könnte aber schwierig werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach aktuellen Regeln kann Deutschland den Mannheim-Attentäter nicht abschieben.
- Laut einem Experten darf niemand abgeschoben werden, dem die Verfolgung droht.
- Politiker diskutieren nun, eine Regelanpassung, den Mann nach Afghanistan abzuschieben.
Nach der Gewalttat im deutschen Mannheim mit einem getöteten Polizisten diskutiert Deutschland seine Abschieberegeln. Denn der afghanische Täter, bei dem ein islamistisches Motiv möglich ist, dürfte gemäss aktuelln Regeln nicht abgeschoben werden.
An der nächsten Innenministerkonferenz wird ein Vorstoss des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD) diskutiert, berichtet ZDF. Dieser fordert, dass das Bundesinnenministerium gebeten wird, die Sicherheitslage in Afghanistan neu zu bewerten. Denn: «Wir müssen einen Weg finden, für Straftäter, Gefährder und islamistische Verfassungsfeinde Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen.»
Die Abschiebung nach Afghanistan erhalten viele positive Rückmeldungen: Christian Dürr, FDP-Fraktionschef, sagt zur «Bild»: «Personen, die hier islamistisch auffällig werden, sollten auch in Länder abgeschoben werden, in denen das bisher nicht möglich war.» Er nennt Afghanistan als Beispiel.
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will «die Voraussetzungen für Rückführungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan schaffen». Gegenüber dem «RND» gibt er zu bedenken, dass die Grund- und Menschenrechte verfassungsgemäss abgewogen und Einzelfälle differenziert betrachtet werden müssen.
Dies betont auch Asyl-Experte Daniel Thym bei «ZDFHeute live» und verweist auf die klaren Regeln: «Menschen, denen eine Verfolgung droht, dürfen nie abgeschoben werden.» Selbst wenn eine solche Person einen Terrorakt begeht, könne sie nicht in ihr Heimatland zurückgebracht werden. Folglich dürfte der Mannheim-Attentäter wohl in Deutschland bleiben – wenn die Regeln nicht angepasst werden.
Faeser: Sicherheitsinteresse überwiegt Bleibeinteresse
Seit August 2021 und der Machtübernahme der Taliban schiebt Deutschland keine Menschen mehr nach Afghanistan ab. Der damalige Innenminister Horst Seehofer begründete dies damit, dass Abschiebungen nicht zur Gefahr für die Beteiligten werden dürften. Auch die humanitäre Lage im Land spielt eine Rolle.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte am Mittwoch, sie befasse sich mit der Abschiebung nach Afghanistan seit Monaten. «Personen, die eine potenzielle Gefahr für die Sicherheit darstellen, müssen schnell abgeschoben werden.» Die Sicherheitsinteressen überwiegen die Bleibeinteressen der Betroffenen.
Dies findet auch Herbert Reul (CDU), der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er hält die Abschiebungsdebatte für notwendig, sie löst die Probleme aber nicht. Die Glaubwürdigkeit der Politiker würde leiden, wenn man «dicke Sprüche» mache, die Abschiebung dann aber scheitere.
In der Vergangenheit ist die Abschiebung des Mannheim-Attentäters gescheitert. Laut dem «Spiegel» wurde sein Asylantrag 2014 abgelehnt, er erhielt aber wegen der Sicherheitslage in seiner Heimat ein Abschiebeverbot.
Er blieb also in Deutschland und heiratete einige Jahre später eine aus der Türkei stammende Deutsche. Mit ihr hat er zwei Kinder, und deswegen auch eine Aufenthaltserlaubnis. Zudem machte er den Hauptschulabschluss und engagierte sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Er galt vor der Tat als Musterbeispiel für gelungene Integration.