Amnesty wirft Griechenland «Push-Back»-Grenzpolitik vor
In einem neuen Bericht wirft Amnesty International griechischen Grenztruppen gewaltsame «Push-Back»-Politik vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Bericht von Amnesty International wirft kein gutes Licht auf griechische Grenztruppen.
- Ihnen werden anhaltende illegale Abschiebungen von Schutzsuchenden vorgeworfen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat Griechenland anhaltende illegale Abschiebungen von Schutzsuchenden im Grenzgebiet zur Türkei vorgeworfen. So genannte Push-Backs gehörten de facto zur griechischen Grenzpolitik.
AI hat am Mittwoch einen neuen Bericht veröffentlicht. Darin erklärt Franziska Vilmar, Asylexpertin bei Amnesty International in Deutschland, die neuen Recherchen. Diese hätten gezeigt, «dass gewaltsame Push-Backs de facto zur griechischen Grenzpolitik in der Evros-Region geworden sind».
Schutzsuchende würden bis zu 700 Kilometer von der griechisch-türkischen Grenze entfernt aufgegriffen und in die Türkei abgeschoben, erklärte AI. Laut den dokumentierten Fällen nähmen die griechischen Behörden sogenannte Push-Backs an Land und auf See vor. Unter Push-Back versteht man direkte Abschiebungen ohne Prüfung eines Asylantrags.
Bericht über «Push-Back»-Aktionen der Grenzpolizei
Der englischsprachige Bericht «Greece: Violence, lies and pushbacks» (Griechenland: Gewalt, Lügen und Abschiebungen) konzentriert sich auf Aktionen der Grenzpolizei. Und zwar zwischen Juni und Dezember 2020 in der Region Evros. Und am gleichnamigen Fluss, der die griechisch-türkische Grenze bildet.
Im Februar und März 2020 hatte Griechenland als Reaktion auf eine einseitige Öffnung der Landgrenze durch die Türkei Schutzsuchende zurückgedrängt. Die neue Untersuchung zeigt laut AI, dass weiterhin Menschenrechtsverletzungen begangen würden und «zu einer fest verankerten Praxis geworden» seien.
Vilmar erklärte, es sei «erschütternd, dass mehrere griechische Behörden eng zusammenarbeiten, um Schutzsuchende brutal festzunehmen und zu inhaftieren».
Bei den von AI dokumentierten Fällen seien bis zu tausend Menschen betroffen, manche mehrfach und manchmal unter Nutzung inoffizieller Haftzentren. «Der Organisationsgrad dieser Abschiebungen zeigt, wie weit Griechenland geht, um Menschen illegal zurückzuschicken und dies zu vertuschen», kritisierte Amnesty.
Amnesty kritisiert EU-Grenzschutzagentur
Die überwiegende Mehrheit der Menschen, mit denen Amnesty gesprochen habe, berichtete demnach, dass sie Gewalt erlebt oder gesehen hätten. Und zwar von mutmasslichen griechischen Behördenvertretern sowie von Männern in Zivilkleidung. Dazu hätten Schläge mit Stöcken oder Knüppeln, Tritte, Faustschläge, Ohrfeigen und Stösse gehört, die manchmal zu schweren Verletzungen geführt hätten.
Amnesty kritisierte in diesem Zusammenhang die EU-Grenzschutzagentur Frontex. Da diese nicht ihrer Pflicht nachkomme, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, müsse sie ihre Einsätze in Griechenland aussetzen, forderte die Menschenrechtsorganisation.
«Alle Menschen, mit denen wir gesprochen haben, wurden aus Gebieten zurückgedrängt, in denen Frontex eine grosse Anzahl von Mitarbeitern hat.» Das erklärte Vilmar. Die Agentur könne daher nicht behaupten, sie wisse nichts von den Misshandlungen, «die wir und viele andere Organisationen dokumentiert haben».