Ampel wird konkret - Scholz verspricht Energiegesetze

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Deutschland,

Bisher haben SPD, Grüne und FDP den Kurs einer möglichen Ampelregierung nur grob abgesteckt. Jetzt geht es ums Detail. Olaf Scholz will weitreichende Energiegesetze auf den Weg bringen.

«Die neue Regierung wird im ersten Jahr (...) alle Weichen stellen, damit Deutschland nicht eine Stromlücke hat»: Olaf Scholz spricht beim 7. Ordentlichen Gewerkschaftskongress der IG BCE in Hannover. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
«Die neue Regierung wird im ersten Jahr (...) alle Weichen stellen, damit Deutschland nicht eine Stromlücke hat»: Olaf Scholz spricht beim 7. Ordentlichen Gewerkschaftskongress der IG BCE in Hannover. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund einen Monat nach der Bundestagswahl haben SPD, Grüne und FDP Verhandlungen über die konkreten Details ihrer geplanten gemeinsamen Regierungsarbeit begonnen.

Dazu kamen am Mittwoch in Berlin die ersten von 22 Arbeitsgruppen zusammen, wie es bei den Ampel-Partnern hiess. Bis 10. November sollen die Gruppen Bausteine für einen Koalitionsvertrag ausarbeiten. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz versprach bei einem Kongress der Industriegewerkschaft IG BCE Tempo bei der Energiewende.

«Die neue Regierung wird im ersten Jahr alle gesetzlichen Veränderungen auf den Weg bringen, alle Weichen stellen, damit Deutschland nicht eine Stromlücke hat, sondern genügend Strom produzieren kann für die Industrie der Zukunft und für die Arbeitsplätze der Zukunft», sagte Scholz bei der Chemiegewerkschaft in Hannover. «Diese Aufgabe muss mit neuem Tempo, mit neuer Geschwindigkeit und mit grosser Präzision angepackt werden, damit der Wandel gelingen kann.»

Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock sprach sich auf dem Kongress dafür aus, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird. FDP-Chef Christian Lindner machte sich für schnellere Planung und Genehmigung bei Windenergie und Infrastruktur stark. «Es muss in Deutschland schnell mehr möglich werden», sagte Lindner.

Ehrgeiziger Zeitplan:

Insgesamt wollen rund 300 Fachpolitikerinnen und -politiker in den Ampel-Arbeitsgruppen Vorlagen liefern, gegebenenfalls offene Konflikte sollen die Hauptverhandler rund um die Parteispitzen lösen. Bis Ende November soll ein Koalitionsvertrag stehen. In der Woche ab dem 6. Dezember soll der neue Kanzler gewählt und die neue Regierung gebildet werden. Aus der Kohleverstromung aussteigen will die Ampel laut Sondierungspapier «idealerweise» bis 2030. Der gesetzliche Mindestlohn soll im ersten Jahr auf zwölf Euro pro Stunde erhöht, das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden. Asylverfahren, Verfahren zur Familienzusammenführung und Rückführungen sollen beschleunigt werden. Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer sollen nicht erhöht werden.

Klima:

Konflikte beim Thema Klima gelten ungeachtet der Ankündigungen von Scholz, Baerbock und Lindner als wahrscheinlich. Allzu viele staatliche Vorgaben will die FDP verhindern. Gerade wenn der Kohleausstieg bis 2030 klappen soll, schiebt sich zudem die soziale Frage nach vorn - nicht nur mit Blick auf wegfallende Arbeitsplätze in Kohleregionen. Es geht auch um einen wirksamen Ausgleich für steigende Energie- und Spritpreise. Die Abschaffung der EEG-Umlage dürfte alleine nicht reichen, um explodierende Kosten für Verbraucher zu verhindern. Ein weiterer Diskussionspunkt dürfte der Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen wie der Verzicht auf eine Mehrwertsteuer auf Kerosin oder die Pendlerpauschale sein.

Mobilität:

Einen Knackpunkt haben SPD, Grüne und FDP schon abgeräumt: Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird es nicht geben. Hier setzte sich die FDP bereits durch. Und noch eine wegweisende Entscheidung deutet sich an: das Aus für den Verbrennungsmotor mit fossilem Kraftstoff. Im Sondierungspapier wird auf EU-Pläne verwiesen, dass alle Neuwagen ab 2035 emissionsfrei sein sollen. In Deutschland könnte das Aus für den fossilen Verbrenner sogar früher kommen.

Finanzen:

Wie gross die Sprünge werden, die die Ampel-Partner in Sachen Zukunftsinvestitionen machen können, hängt vor allem von den Finanzen ab. Kredite will man keine aufnehmen, wichtige Steuern sollen nicht erhöht werden. Im Gespräch ist zum Beispiel, dass man 2022 unter dem Deckmantel der Corona-Pandemie noch einmal kräftig Schulden machen und dieses Geld für Investitionen zur Seite legen könnte. Ausserdem könnten Investitionen in öffentliche Unternehmen ausgelagert werden, die ausserhalb des Haushalts laufen und trotz Schuldenbremse Kredite aufnehmen dürfen. Klar ist aber: In der Finanzpolitik liegen die politischen Ideale der drei Ampel-Parteien weit auseinander. Umstritten ist, ob die bisherigen Vereinbarungen nicht doch Schlupflöcher lassen etwa für die von SPD und Grünen angestrebte Entlastung von Geringverdienern.

Aussen- und Sicherheitspolitik:

Hier gibt es bisher wenig Konkretes - und viele Fragen. Die entsprechende Arbeitsgruppe muss etwa entscheiden, ob wegen Menschenrechtsverletzungen ein härterer Kurs gegenüber China und Russland eingeschlagen werden soll. Umstritten ist der Umgang mit der Gas-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und Russland. Nach einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» wird es auch darum gehen, ob die Pläne zur Vergrösserung der Bundeswehr von derzeit 183 000 auf 203 000 Soldaten beibehalten werden sollen. Vor allem SPD und Grüne gingen auf Abstand zu der 2018 von der grossen Koalition aus Union und SPD beschlossenen Aufstockung der Truppe, berichtet das Blatt aus Parteikreisen. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner bestätigte dem Fernsehsender Welt lediglich, dass über die Bundeswehr geredet werde, und beklagte die mangelnde Effizienz bei deren Ausstattung.

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