Auf den heftigen Atomstreit sollen Taten folgen. Nach der Ansage des Kanzlers dürfte sich sein Kabinett nun rasch an die Änderung des Gesetzes machen. Doch im Hintergrund rauscht die Debatte weiter.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin. - Michael Sohn/POOL AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz im Streit über die AKW-Laufzeiten will die Bundesregierung die Änderung des Atomgesetzes schnell auf den Weg bringen.
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Das Bundeskabinett wird sich aller Voraussicht nach bereits in seiner heutigen Sitzung mit einem Gesetzentwurf zum Weiterbetrieb der drei noch aktiven Atomkraftwerke bis ins Frühjahr befassen. Forderungen nach einem längeren Weiterbetrieb der Meiler mit neuen Brennstäben rissen unterdessen nicht ab.

Nach dem Scheitern der tagelangen Bemühungen um einen Kompromiss im Atomstreit vor allem zwischen Grünen und FDP hatte Scholz gestern die Reissleine gezogen und von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht. Er wies die zuständigen Minister an, Gesetzesvorschläge zu machen, damit die Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland über das Jahresende hinaus bis zum 15. April 2023 weiterlaufen können. Eigentlich hätten die drei AKW am 31. Dezember dieses Jahres vom Netz gehen sollen. Eine Änderung des Atomgesetzes muss von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

Klingbeil: «Tagelanger Streit hat viele Menschen genervt»

SPD-Chef Lars Klingbeil mahnte nach der langwierigen Auseinandersetzung in der Atomfrage Geschlossenheit der Ampel-Partner an. «Der tagelange Streit um die Atomkraftfrage hat viele Menschen in diesem Land genervt», sagte Klingbeil dem Portal «Web.de News». «Sie erwarten von der Regierung, dass sie Probleme löst und nicht, dass sie Probleme öffentlich zur Schau stellt. Damit muss jetzt Schluss sein.»

Die Uneinigkeit in der Koalition sei kein Glanzstück gewesen, gab Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Mittelstands in Berlin zu. Sie habe nicht dazu beigetragen, dass das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und die Geschlossenheit über die Massen gesteigert worden sei.

Vor allem Grüne und FDP hatten sich in dem Streit mit unvereinbaren Positionen verhakt. Trotz parteiinterner Kritik will die Grünen-Spitze die Entscheidung des Kanzlers mittragen. Die FDP hatte den Beschluss des Kanzlers umgehend begrüsst - obwohl er auch hinter ihren Forderungen zurückblieb.

Opposition findet Lösung unzureichend

Die Union hält einen Weiterbetrieb bis Mitte April 2023 als unzureichend angesichts der Energieknappheit. «Die einzig vernünftige Lösung in der aktuellen Lage wären neue Brennstäbe und eine Verlängerung bis 2024», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der «Bild».

Es müsse alles getan werden, das knappe Angebot an Energie auszubauen, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, der «Rheinischen Post». «Daher wäre es klug, sich auf einen Weiterbetrieb mit neuen Brennstäben vorzubereiten.»

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte zur Möglichkeit eines Wiederaufflammens der Debatte, die Bundesregierung werde alles dafür tun, «dass wir im nächsten Winter eine solche Debatte nicht noch einmal führen müssen». «Weil wir auf den Weltmärkten genug Flüssiggas einkaufen, weil wir die Kapazität an Stromproduktion im Inland verbessern», sagte Lindner am Dienstagabend im ZDF-«heute journal».

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