Anspannung in Frankreich: Louvre und Versailles zeitweise geräumt
Frankreich ist in Alarmbereitschaft. Die Behörden verzeichneten zuletzt über 100 antisemitische Handlungen und mehr als 2000 antisemitische Äusserungen in den sozialen Netzwerken. Am Wochenende mussten wegen Attentatsdrohungen der Louvre in Paris und das Schloss von Versailles geräumt werden.
Seit dem Nahostkonflikt und dem tödlichen Messerangriff auf einen Lehrer in einer Schule in Arras in Nordfrankreich herrschen Angst und Verunsicherung im Land. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin warnte vor Anschlägen und beschreibt die Stimmung als «Atmosphäre des Dschihadismus». Am Freitag war in Frankreich die höchste Terrorwarnstufe verhängt worden.
Bis Montag sollen landesweit 7000 Soldaten der Antiterroreinheit «Sentinelle» mobilisiert werden und bis auf weiteres im Einsatz bleiben. Zudem sollen 580 als sensibel geltende Standorte, religiöse Schulen, religiöse Vereinigungen und Synagogen von rund 10'000 Polizisten verstärkt überwacht werden.
Louvre und Versailles wieder geöffnet
Nach Drohungen waren am Samstag der Louvre und das Schloss von Versailles mit seinem angrenzenden Park evakuiert worden, am Sonntag waren sie wieder geöffnet.
Laut einer Louvre-Sprecherin hatte das Museum eine Nachricht erhalten, aus der hervorging, dass Gefahr für das Museum und seine Besucher bestehe. Rund 15'000 Besucher mussten die Anlage verlassen. Einige Louvre-Besucher posteten auf X Videos, auf denen zu sehen war, wie Menschen teilweise in Panik aus dem Museum rannten.
Die Drohung gegen das Schloss ist nach Informationen des Radiosenders «Europe 1» anonym auf einer Polizei-Webseite eingegangen. Dort wurden bis zu 10'000 Besucher evakuiert. Auch der zentrale Pariser Bahnhof Gare de Lyon wurde am Samstagnachmittag wegen eines verdächtigen Pakets geräumt.
Am Samstagabend gab die Regierung dann Entwarnung. An keiner der beiden evakuierten Touristenattraktionen habe man einen Sprengkörper entdeckt, auch ein Angriff habe nicht stattgefunden, erklärte Innenminister Darmanin. Es gebe viele Anrufe mit Attentatsdrohungen, vor allem in Schulen.
Gymnasiallehrer in Arras getötet
Am Freitag hatte ein als radikaler Islamist im Visier der Behörden stehender junger Mann in einem Gymnasium im nordfranzösischen Arras einen Lehrer erstochen und drei weitere Menschen verletzt. Der 20-Jährige wurde von der Polizei mit einem Taser ausser Gefecht gesetzt und festgenommen. Neben dem Angreifer wurden weitere Personen festgenommen, darunter der ebenfalls radikalisierte ältere Bruder des Täters, eine Schwester, die Mutter und ein Onkel.
Wie die Zeitung «Le Parisien» unter Verweis auf die Behörden berichtete, sei der ältere Bruder des Angreifers bereits 2019 wegen der Vorbereitung eines Anschlags festgenommen und als Mitglied einer terroristischen Organisation zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Frankreichs Innenminister Darmanin fordert nun den «systematischen Entzug von Aufenthaltsgenehmigungen für Ausländer, die systematische Ausweisung aller Ausländer, die von den Geheimdiensten tatsächlich als gefährlich eingestuft werden». Auf einer Pressekonferenz am Samstagabend gab er zudem bekannt, dass er vom Präsidenten Emmanuel Macron die Genehmigung erhalten habe, die Gespräche mit den russischen Behörden wieder aufzunehmen, um russische Staatsbürger in ihr Land auszuweisen, die in der Gefährderakte S registriert sind. Der Arras-Angreifer stammt aus Tschetschenien. Er wurde in der überwiegend muslimischen russischen Republik Inguschetien geboren und kam 2008 nach Frankreich.
Über hundert antisemitische Taten seit dem Massaker
Wie Darmanin weiter erklärte, seien seit dem Beginn des blutigen Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober mehr als hundert antisemitische Taten verzeichnet worden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um antisemitische Schmierereien wie Hakenkreuze und Aufrufe zu einer Intifada gegen Israel. Darmanin erwähnte auch schwerwiegendere Taten, darunter Personen, die mit Messern am Eingang einer Schule oder einer Synagoge festgenommen wurden.
Der Angriff in Arras fand fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem tödlichen Angriff auf den Geschichtslehrer Samuel Paty statt. Der 47-Jährige war am 16. Oktober 2020 in einem Pariser Vorort von einem Angreifer getötet und dann enthauptet worden, weil er im Unterricht Mohammed-Karikaturen zeigte, um Meinungsfreiheit zu illustrieren.