Aus Deutschland geflohene Jesidin wirft Ermittlern Untätigkeit vor
Die aus Deutschland geflohene Jesidin Aschwak Hadschi Hamid Talo hat der Polizei Untätigkeit vorgeworfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Aschwak Hadschi Hamid Talo ist vor IS-Peinigern geflüchtet.
- Jetzt wirft sie dem deutschen Staat Untätigkeit vor.
Sie habe den deutschen Ermittlern «alle dokumentierten Informationen» zu der Bedrohung gegeben, der sie durch ihren früheren IS-Peiniger ausgesetzt gewesen sei, sagte Aschwak der Nachrichtenagentur DPA.
Erst anderthalb Monate später habe sie Deutschland verlassen, nachdem sie zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Polizei den Mann nicht festnehme. «Sie gab mir nur eine Telefonnummer, damit ich anrufe, falls ich ihn erneut sehe und er mich noch einmal bedroht.»
Die 19-Jährige gehört der im Nordirak lebenden religiösen Minderheit der Jesiden an. Sie wurde nach eigenen Angaben 2014 von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verschleppt und auf einem Sklavenmarkt an ein IS-Mitglied verkauft.
Dieser Mann habe sie monatelang geschlagen und missbraucht, bevor sie fliehen und nach Deutschland reisen konnte. In ihrer neuen Heimat in Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg traf sie ihren IS-Peiniger nach eigenen Angaben später auf der Strasse wieder. Dort habe er sie erneut bedroht.
Die Jesidin hatte bereits zuvor mangelnde Zusammenarbeit mit der Polizei beklagt. Das Landeskriminalamt in Baden-Württemberg teilte hingegen mit, die Ermittlungen könnten im Moment nicht fortgeführt werden, da die Zeugin für Rückfragen nicht erreichbar sei.
Auf den IS-Sklavenmarkt verschleppt
Schutzmassnahmen
Die Bundesanwaltschaft erklärte, Zeugenbefragungen im Ausland seien nicht möglich. Ein Sprecher des Innenministeriums in Stuttgart sagte, die Polizei vor Ort und das LKA hätten nach der Anzeige der jungen Frau alle notwendigen Massnahmen eingeleitet, um sie zu schützen.
Aschwak ist nach eigenen Angaben weiter bereit, mit den deutschen Ermittlern zu kooperieren. Sie wolle aber nicht nach Deutschland zurückkehren. Sie habe das Land aus Angst verlassen, dass sich dort Menschen wie ihr IS-Peiniger aufhielten. «Das stellt eine Gefahr für Deutschland selbst und vor allem für die Jesidinnen dar», sagte sie. Die 19-Jährige lebt derzeit in einem Flüchtlingslager im Nordirak.
Baden-Württemberg hatte zwischen 2015 und Anfang 2016 insgesamt 1000 Menschen – vorwiegend jesidische IS-Opfer und ihre Kinder – aufgenommen. Sie leben an geheimen Orten in Kommunen im Südwesten.