Aussenseiter Peter Marki-Zay fordert Ungarns Viktor Orban heraus
Die Opposition des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban hat den parteilosen Katholiken Peter Marki-Zay als Spitzenkandidaten gewählt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die mehrwöchigen Vorwahlen der Opposition konnte Peter Marki-Zay für sich entscheiden.
- Nun tritt der parteilose Katholik im Frühjahr 2022 in den Wahlen gegen Viktor Orban an.
- Der politische Werdegang von Marki-Zay ist höchst überraschend.
Erstmals entschieden die Bürger im Land, wer die Regierungsgegner in die nächste Wahl führen soll. Ihr Vertrauen gewann ein parteiloser Konservativer. Kann Peter Marki-Zay Viktor Orban schlagen?
Die Opposition in Ungarn hat nach einer mehrwöchigen Vorwahl ihren Spitzenkandidaten für die Parlamentswahl im April 2022 gekürt. Die Stichwahl, die am Wochenende zu Ende ging, gewann überraschend deutlich der parteilose Konservative Peter Marki-Zay. Mit 57 Prozent der Stimmen siegte er gegen die Sozialdemokratin Klara Dobrev, wie die Vorwahl-Kommission mitteilte.
Marki-Zay ist damit der von sechs Oppositionsparteien unterstützte Herausforderer des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Erste Vorwahl
Eine derartige Vorwahl gab es in Ungarn zum ersten Mal. Die sechs Parteien, deren Spektrum von links-grün bis rechtskonservativ reicht, waren zuvor heillos zerstritten. Die Beteiligung an der Vorwahl, die im Vormonat begonnen hatte, übertraf alle Erwartungen. 630'000 Bürger stimmten in der ersten Runde ab, 660'000 in der zweiten.
«Dies ist die Revolution der kleinen Leute», erklärte Marki-Zay am späten Sonntagabend. Der Opposition könne es nur gemeinsam gelingen, «die korrupteste Regierung der letzten 1000 Jahre» zu abzuwählen. Dobrev bekräftigte ihre Unterstützung für den siegreichen Rivalen. «Von jetzt an beschäftigen wir uns alle nur noch damit, das Orban-System abzuräumen», sagte sie.
Marki-Zay spricht grosses Spektrum an
Marki-Zays Stärke: Als Konservativer aus dem ungarischen Tiefland, bekennender Katholik und Vater von sieben Kindern kann er Wähler auf dem Land ansprechen. Zugleich vergrault er die urbanen, eher linken Wähler nicht, weil sich sein Konservativismus mit Weltoffenheit, Toleranz und Kompromissfähigkeit verbindet.
Marki-Zay studierte Wirtschaft, Elektrotechnik und Geschichte. Von 2004 bis 2009 lebte er mit seiner Familie in Kanada und den USA. In die Politik stieg er erst 2018 ein.
Damals gewann er – gleichfalls überraschend – die Bürgermeisterwahl in Hodmezövasarhely. Der Ort galt bis dahin als uneinnehmbare Hochburg der Orban-Partei Fidesz. Im Jahr darauf wiederholte er den Wahlsieg.
Karacsony machte Marky-Zay Platz
Die Wahlsiege in seiner südostungarischen Heimatgemeinde waren aber auch nur möglich, weil sich alle Oppositionsparteien um ihn geschart hatten. Insofern gelten die damaligen Kampagnen als die Blaupause für die derzeitige Oppositionsallianz. Die Idee der Vorwahl war wiederum von Politologen und Thinktanks entwickelt worden.
Die reale Dynamik der Vorwahl vermochte niemand vorherzusagen. Als die erste Runde begann, hatten Meinungsforscher Marki-Zay bestenfalls den vierten Platz unter fünf Bewerbern vorausgesagt. Doch als überraschender Drittplatzierter gelangte er in die Stichwahl. Der zweitplatzierte links-grüne Budapester Oberbürgermeister Gergely Karacsony verzichtete indes zugunsten von Marki-Zay auf ein Antreten in der zweiten Runde.
Viktor Orban regiert seit 2010 in ununterbrochener Folge. Kritiker werfen ihm einen autoritären Führungsstil und massive Korruption vor. Staatliche Institutionen, die eigentlich neutral agieren sollten, hat er mit loyalen Parteisoldaten vollgepackt. In Meinungsumfragen lagen Orbans Regierungspartei Fidesz und die vereinte Opposition zuletzt Kopf an Kopf.