Autobranche will mit Kaufprämien aus Corona-Flaute kommen

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Deutschland,

Corona hat die mächtige deutsche Autoindustrie weitgehend lahmgelegt. Neue Kaufprämien, bezahlt mit Steuergeld, sollen die Nachfrage anschieben - finden die Konzerne. Ideen dafür gibt es viele, reichlich Kritik daran aber auch.

Vor dem Gelände eines Schrottplatzes mit Autopresse stapeln sich alte Autos, vorwiegend Dieselfahrzeuge. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Vor dem Gelände eines Schrottplatzes mit Autopresse stapeln sich alte Autos, vorwiegend Dieselfahrzeuge. Foto: Wolfgang Kumm/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die von der Coronavirus-Krise gebeutelte Autoindustrie in Deutschland hofft auf Hilfe vom Staat in Form neuer Kaufprämien.

Geradezu desaströse Quartalszahlen vor Augen, ruhen die Erwartungen der Konzerne auf der Politik, die ihnen die Kunden mit möglichst schneller und breiter finanzieller Förderung zurück in die Autohäuser treiben soll. So schrieb VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh am Mittwoch in einem Brief an die Mitarbeiter, man werde sich dafür starkmachen, «dass die Politik Geld für diesen Impulsstoss bereitstellt». Und Daimler-Vorstandschef Ola Källenius warb dafür, mittels Kaufprämie vor allem für Zuversicht zu sorgen - und es deshalb nicht allzu kompliziert zu machen.

Viele Landes- und Bundespolitiker haben sich dafür ausgesprochen, der Autobranche als Schlüsselindustrie den nötigen Anschub für den Weg aus der Krise zu geben. Heftig umstritten ist allerdings, ob es Geld auch für Autos mit Diesel- oder Benzinmotor geben soll oder nur für Elektroantriebe. Ein ursprünglich für Mittwochnachmittag angesetztes Gespräch der Ministerpräsidenten der «Autoländer» Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg zum Thema Kaufprämien wurde kurzfristig verschoben. Am kommenden Dienstag (5. Mai) will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem «Autogipfel» über Anschubhilfen für die Autoindustrie nach dem Vorbild der Abwrackprämie 2009 beraten.

«Wir wissen, dass wir damit nach Steuermitteln rufen», schrieb VM-Mann Osterloh an seine Kollegen. «Aber wir wissen auch, dass sich dieses Geld für unsere gesamte Gesellschaft klug anlegen liesse und sich so gleich mehrfach rechnen könnte - nämlich ökonomisch, ökologisch und sozial.»

VW-Konzernchef Herbert Diess hatte «baldige kraftvolle Massnahmen» gefordert. Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), selbst Aufsichtsrat bei Volkswagen, hatte am Montag zum Wiederanlauf des VW-Stammwerks Wolfsburg angekündigt, ein Prämienmodell zu prüfen: «Uns ist bewusst, dass wir eine schnelle Entscheidung brauchen.»

Auch sein bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU) hat sich schon für zusätzliche Kaufanreize ausgesprochen. «Ich bin für eine sehr umfassende Strategie, wie wir der Automobilindustrie helfen», sagte er der «Süddeutschen Zeitung».

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte derweil in Berlin klar, dass es aus seiner Sicht keine einfache Rückkehr zu einer Abwrackprämie wie in der Finanzkrise 2008/2009 geben solle. Man brauche innovative Lösungen, damit der Autoverkehr unterm Strich weniger CO2 ausstosse. Es werde darum gehen, die Branche beim Weg zu nachhaltigerer Mobilität zu unterstützen. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) befürwortet neue Hilfen für die Autoindustrie, wenn sich die Förderung auf klimaschonende Fahrzeuge konzentriert. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, warf der Autolobby indes «dreistes Auftreten» vor. Die Industrie habe in den vergangenen Jahren grosse Gewinne gemacht, nötige Innovationen aber verschlafen, sagte der dem «Spiegel».

Nach Vorstellung des VW-Betriebsrats sollte ein Fördermodell eine «Impuls-Prämie» für Neuwagenkäufe inklusive Leasing umfassen, die auch für moderne Verbrenner gilt und über «einen klar begrenzten Zeitraum» läuft. Sie sollte ähnlich hoch sein wie die letzte Abwrackprämie und sich auch auf junge Gebrauchtwagen erstrecken.

Zudem möchte Osterloh eine «zusätzliche Abwrackprämie obendrauf», die es für verschrottete Altautos der Abgasnormen Euro-3 und Euro-4 gibt. Die deutschen Hersteller sollten sich einig sein, staatliche Mittel «je nach zugesagter Summe womöglich sogar zu verdoppeln, zumindest aber die Wechselkosten zu übernehmen». Daneben solle der CO2-Ausstoss als Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer stärker ins Gewicht fallen.

Daimler-Chef Källenius wiederum will es so einfach wie möglich halten. Zur Förderung der Elektromobilität gebe es mit dem «Umweltbonus» bereits ein gutes Mittel. Wer ein E-Auto kauft, kann bereits bis zu 6000 Euro Zuschuss bekommen - je nach Modell und Preis und je zur Hälfte bezahlt von Bund und der Industrie.

«Hier geht es zunächst um die Ankurbelung der Wirtschaft», sagte Källenius am Mittwoch über seine Vorstellung von darüber hinausgehenden Kaufanreizen. Eine einfache und pauschale Förderung über alle Segmente hinweg wäre da aus seiner Sicht die beste Lösung.

Die Coronavirus-Krise hat die Nachfrage nach Autos einbrechen lassen. Wochenlang standen die Werke still und laufen gerade erst langsam wieder an. Sowohl bei Daimler als auch bei Volkswagen, die beide am Mittwoch ihre Zahlen vorlegten, stürzte der Gewinn im ersten Quartal dramatisch ab. Im laufenden zweiten Quartal rechnen beide Konzerne im Tagesgeschäft gar mit roten Zahlen. Bei VW war der Absatz in den ersten drei Monaten des Jahres konzernweit um fast ein Viertel zurückgegangen, bei Daimler war es ein Minus von 17 Prozent.

Umweltschutzorganisationen kritisieren den Ansatz, neben Autos mit alternativen Antrieben auch Hybrid-, Benzin- oder Dieselwagen zu bezuschussen. «Als Antwort auf die Coronakrise darf es keine Neuauflage der Abwrackprämie von 2009 geben», sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. «Jegliche Unterstützung für die Autobranche muss an Verpflichtungen zu echten CO2-Reduktionen der Fahrzeugflotten gekoppelt sein.»

Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Gehrs hatte sich kürzlich schon ähnlich geäussert. «Wenn die Bundesregierung im fundamentalsten Branchenumbruch der Automobilgeschichte alte Antriebe fördert, verwechselt sie Gaspedal mit Bremse», sagte er.

Der Chef der sogenannten Wirtschaftsweisen, Lars Feld, hält auch aus anderen Gründen nichts von der Idee. «Prämien für E-Autos gibt es schon. Autos mit Verbrennungsmotor zu fördern, hat im Sinne des Klimaschutzes keine Priorität», sagte er dem «Business Insider». «Die Autohändler wären zudem gar nicht erfreut, weil zunächst alle abwarten würden, bis die Kaufprämien stehen und bewilligt sind. Das kann dauern und würde nicht über die akuten Probleme hinweg helfen.»

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