Baerbock sichert irakischen Kurden Unterstützung zu
Nach dem militärischen Sieg über die Terrormiliz IS2017 leben noch immer gut eine Million Binnenvertriebene im Irak. Baerbock mahnt eine Rückkehr in Würde an. Es ist nicht der einzige Appell an diesem Tag.
Aussenministerin Annalena Baerbock hat den irakischen Kurden nach dem militärischen Sieg über die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) breite Unterstützung bei der Wiedereingliederung von etwa einer Million Binnenvertriebenen zugesichert.
«Niemand möchte sein Leben lang in einem Camp leben», sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, Masrur Barsani, in der Kurden-Hauptstadt Erbil. Baerbock ergänzte: «Deswegen ist es für uns wichtig, dass Menschen wieder in ihre Heimat zurückkehren können» und dass sie dort ein Leben in Würde führen könnten.
Barsani sagte nach einer offiziellen Übersetzung, seine Regierung hoffe, die im vergangenen Jahr verschobenen Regionalwahlen bis Ende 2023 durchführen zu können. Zugleich kritisierte er jede Verletzung der Souveränität des Iraks und der Region Kurdistan, «egal von welcher Seite». Drohnen- und Raketenangriffe des Irans verurteilte er scharf. Die im Nordirak agierende und in der Türkei verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK habe zu Angriffen aus der Türkei und zur Destabilisierung beigetragen, kritisierte Barsani zugleich.
Die Türkei geht im Nordirak regelmässig gegen Ableger der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vor. Auch die PKK greift dort Menschen an, die ihrem Eindruck nach nicht kooperieren. Sie gilt auch in den USA und Europa als Terrororganisation. Das Hauptquartier der PKK liegt in den schwer zugänglichen Kandil-Bergen im Nordirak. Erst Ende Februar waren bei einem türkischen Drohnenangriff im Nordirak kurdischen Angaben zufolge drei Menschen getötet worden.
Baerbock: Terrormiliz IS wirft immer noch Schatten
Baerbock sagte, die Bedrohung durch den sogenannten IS werfe «immer noch Schatten auf diese Region». Die Sicherheitskräfte seien nach wie vor sehr gefordert, «diese terroristische Bedrohung in Schach zu halten». Der deutsche Beitrag in diesem Zusammenhang sei «vor allen Dingen auch ein Stabilisierungs- und Sicherheitsbeitrag».
Die Terrormiliz IS kontrollierte noch vor einigen Jahren grosse Gebiete im Irak und in Syrien. Seit 2017 gelten die Dschihadisten als militärisch besiegt, IS-Zellen verüben aber weiterhin Anschläge.
Als die Dschihadisten 2014 die Region um das Sindschar-Gebirge im Nordirak überrannten, töteten und verschleppten sie Tausende Menschen. Viele Frauen wurden versklavt und vergewaltigt. Kurdische Kämpfer vertrieben den IS schliesslich aus der Region. Die Vereinten Nationen sprechen von Völkermord an der ethnisch-religiösen Minderheit der dort lebenden Jesiden. Der Bundestag erkannte die Verbrechen des IS im Januar offiziell als Völkermord an.
Kritik an Destabilisierungsversuchen
Baerbock kritisierte auch vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen der Zentralregierung in Bagdad und dem autonomen Kurdengebiet, im Irak versuchten Kräfte von aussen und von innen «zu spalten und damit zu destabilisieren und gerade die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung damit zu konterkarieren». Hintergrund sind auch die Angriffe aus dem Iran und der Türkei im Nordirak sowie innerkurdische Konflikte. «Umso wichtiger ist es, dass alle Kräfte zusammenarbeiten, die für Sicherheit stehen», appellierte Baerbock.
Besuch in Flüchtlingscamp nahe der türkischen Grenze
Am Nachmittag wollte die Ministerin das Flüchtlingscamp Qadiya in der Provinz Dohuk in der Nähe der türkischen Grenze besuchen. Dort leben mehr als 12.000 Binnengeflüchtete. Ein Grossteil der Menschen sind Jesiden aus der Region Sindschar, die zwischen 2014 und 2017 von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vertrieben worden sind. In dem Camp wollte sich Baerbock auch über ein Frauenprojekt informieren. Später war der Besuch eines Zentrums geplant, in dem IS-Verbrechen gerichtsfest dokumentiert werden sollen.
Auf dem Programm stand auch der Besuch einer Waisenschule in der mehr als 400 Kinder unterrichtet werden. Zu dem von einem in Oldenburg aufgewachsenen Jesiden gegründeten Projekt, das auch über eine Solaranlage verfügt, gehört auch ein Kindergarten.