Die kleine Südkaukasusrepublik Georgien ist noch immer unter dem Druck Moskaus. Aussenministerin Baerbock bemüht sich, das Land weiter in Europa zu integrieren. Aber sie hat auch eine Mahnung parat.
Handschlag in Tiflis: Bundesaussenministerin Annalena Baerbock und ihr georgischer Amtskollege Ilia Dartschiaschwili.
Handschlag in Tiflis: Bundesaussenministerin Annalena Baerbock und ihr georgischer Amtskollege Ilia Dartschiaschwili. - Kay Nietfeld/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Aussenministerin Annalena Baerbock hat Georgien auch angesichts russischer Einflussversuche deutsche Unterstützung im EU-Beitrittsprozess zugesagt und zu weiteren Reformen aufgefordert.
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«Die Tür zum EU-Kandidatenstatus ist weit geöffnet. Jetzt gilt es, die verbleibenden zwölf Schritte zu gehen», sagte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Gespräch mit ihrem Kollegen Ilia Dartschiaschwili in der Hauptstadt Tiflis. Besonders hob sie die Zustimmung Georgiens zu den UN-Resolutionen zur Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hervor.

Für den Beitrittsprozess seien unter anderem Rechtsstaatlichkeit, demokratische Standards sowie Medienfreiheit essenziell, sagte Baerbock. Nach der Rücknahme des schwer umstrittenen, geplanten «Agenten»-Gesetzes habe die Regierung in Tiflis nun die Aufgabe, «die Polarisierung zu überwinden, Vertrauen wieder zu finden und die anstehenden Reformschritte mit aller Entschiedenheit zu gehen». Gerade bei den europäischen Werten könne es aber keine Abkürzungen geben.

Dartschiaschwili sagte laut offizieller Übersetzung, es sei «unerschütterlicher Wille des georgischen Volkes», in die EU einzutreten. Der Kandidatenstatus sei dabei «ein Knotenpunkt». Die Regierung arbeite intensiv an der Erfüllung der zwölf von der EU-Kommission dafür festgelegten Kriterien, sicherte er zu.

Georgien muss für EU-Annäherung zwölf Prioritäten erfüllen

Die EU hatte der früheren Sowjetrepublik Georgien im Juni 2022 den Status eines Beitrittskandidaten in Aussicht gestellt, sobald bestimmte Reformen erfüllt sind. Unter den von der EU genannten zwölf Prioritäten sind der Kampf gegen Polarisierung, eine Justizreform, die Einrichtung einer unabhängigen Anti-Korruptionsbehörde, Medienfreiheit und eine «Deoligarchisierung». Im Oktober will die EU-Kommission einen Zwischenbericht vorlegen, der als erste Grundlage für weitere Entscheidungen dienen soll.

Proteste gegen «Agenten»-Gesetz

Vor gut zwei Wochen war in dem Land nach Massenprotesten ein Gesetzentwurf zurückgezogen worden, der eine Einstufung unabhängiger Medien und Organisationen als «ausländische Agenten» möglich gemacht hätte. Anfang März gingen in Tiflis mehrere tausend Menschen gegen die Pläne auf die Strasse. Bürgerrechtler befürchteten, das geplante Gesetz unterhöhle die Demokratie und verschlechtere die Perspektiven für einen EU-Beitritt. Mit einem ähnlich lautenden Gesetz wird in Russland die Opposition gegängelt. Baerbock lobte die Rücknahme des Vorhabens. Dieser Schritt werde «als Stärkung auf dem Weg in die Europäische Union wahrgenommen».

Ex-Sowjetrepublik Georgien weiter unter Druck Moskaus

Die Führung der seit 2012 regierenden Partei Georgischer Traum verfolgt einen eher russlandfreundlichen Kurs. Die Partei wurde vom reichsten Oligarchen im Land gegründet. Georgien mit seinen etwa 3,7 Millionen Einwohnern steht auch viele Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion noch unter dem Druck seines grossen Nachbarn Russland. Moskau führte 2008 Krieg gegen das kleine Land am Schwarzen Meer. Bis heute unterstützt Russland die abgespaltenen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien und hat dort Truppen stationiert.

Besuch an Verwaltungsgrenze zu abtrünnigem Gebiet Südossetien

Baerbock informierte sich auch über die EU-Beobachtermission EUMM (European Union Monitoring Mission) an der Verwaltungsgrenze zum abtrünnigen Gebiet Südossetien. Die Mission hat laut Auswärtigem Amt gut 250 Angehörige, davon 28 aus Deutschland. Aufgabe ist es, nach dem Ende der Kämpfe zwischen Russland und Georgien im August 2008 die Einhaltung der Waffenstillstandsvereinbarung zu überwachen.

Nach Angaben des Deutschen Sebastian Hulde (43), der seit einem knappen Jahr für die UN-Mission arbeitet, gibt es an der etwa 380 Kilometer langen Verwaltungsgrenze zu Südossetien insgesamt 19 russische Grenzschutzposten. Besetzt sind die Posten nach seinen Angaben mit bis zu 30 russischen Grenzschützern.

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