Behörden: In Belarus festgenommener Demonstrant ist tot
Das Wichtigste in Kürze
- Zweites Todesopfer seit Demonstrationen gegen Lukaschenkos Wiederwahl.
Die Todesursache des 25-Jährigen sei unklar, teilte das Untersuchungskomitee am Mittwoch mit. Medien zitierten dagegen die Mutter des Toten, wonach dieser Herzprobleme gehabt habe und stundenlang in einem Polizeiwagen festgehalten worden sei. Es ist bereits das zweite Todesopfer seit Beginn der landesweiten Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko.
Der junge Mann sei am Sonntag in der Stadt Gomel bei einer «nicht genehmigten» Demonstration gegen die Präsidentenwahl festgenommen und zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt worden, teilte das Komitee weiter mit. In der Haft sei es ihm «plötzlich schlechter» gegangen. Der Zeitpunkt seines Todes war zunächst bekannt.
In Belarus gibt es seit Tagen massive Proteste gegen die von Wahlbetrugsvorwürfen begleitete Präsidentschaftswahl am Sonntag, gegen die die Sicherheitskräfte mit Blendgranaten und Gummigeschossen vorgehen. In der südbelarussischen Stadt Brest schoss die Polizei nach Angaben des Innenministeriums am Mittwoch sogar mit scharfer Munition auf Demonstranten. Mindestens ein Mensch wurde demnach verletzt.
Am Montag war bereits ein Demonstrant in der Hauptstadt Minsk getötet worden - laut Regierungsangaben, weil ein Sprengsatz in seinen Händen explodierte. Mindestens 250 Verletzte wurden ins Krankenhaus eingewiesen. Seit Sonntag wurden tausende Demonstranten festgenommen.
Aus Protest gegen die Polizeigewalt bildeten am Mittwoch hunderte in weiss gekleidete Frauen in Minsk eine Menschenkette. Am Abend bereiteten sich zahlreiche Sicherheitskräfte auf neue Demonstrationen vor und sperrten zentrale Strassen ab. Auch die Metrostationen waren geschlossen, wie AFP-Reporter berichteten.
International wurde scharfe Kritik am Vorgehen der belarussichen Behörden geäussert. Bei einer Videokonferenz am Freitag beraten die EU-Aussenminister über die mögliche Wiedereinführung von Strafmassnahmen gegen Belarus.Die Bundesregierung prangerte eine «Repressionswelle» in dem autoritär regierten Land an. Die Ausreise der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja nach Litauen zeige, welches «Klima der Einschüchterung, der Angst, auch der Gewalt» in Belarus herrsche, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äusserte seine «sehr grosse Sorge». US-Aussenminister Mike Pompeo rief zum Schutz der «nicht gewalttätigen Demonstranten» auf. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet warf Belarus den Einsatz «unnötiger und exzessiver Gewalt» vor. Litauen, Lettlands und Polen legten einen Vermittlungsplan zwischen Lukaschenko und der Opposition vor.
Derweil sprach sich die Oppositionspolitikerin Maria Kalesnikawa gegen westliche Sanktionen aus. «Das ist kein produktiver Weg», sagte sie dem Magazin «Cicero». «So etwas wirkt nicht gegen einen Diktator.» Einzig der Wille des Volkes könne Lukaschenko dazu bringen, neue, freie Wahlen auszurufen und die politischen Gefangenen freizulassen. Kalesnikawa rief Lukaschenko dazu auf, «das Blutbad zu stoppen» und «auf das Volk zu hören».
Laut dem amtlichen Wahlergebnis kam der seit 26 autoritär regierende Staatschef Lukaschenko auf mehr als 80 Prozent der Stimmen. Seine inzwischen nach Litauen geflüchtete Hauptrivalin Tichanowskaja erhielt demnach nur rund zehn Prozent. An dem offiziellen Wahlergebnis in Belarus gibt es international erhebliche Zweifel. Die EU bezeichnete die Wahl als «weder frei noch fair».