Knapp vier Wochen ist die Wahl in Belarus her. Die Lage in der Ex-Sowjetrepublik ist weiter angespannt. Tausende Frauen und Studenten sind auf den Strassen. Es gibt auch Festnahmen.
Die belarussische Opposition hat in der Hauptstadt Minsk und in zahlreichen anderen Städten zum sogenannten «Marsch der Frauen» aufgerufen. Foto: -/AP/dpa
Die belarussische Opposition hat in der Hauptstadt Minsk und in zahlreichen anderen Städten zum sogenannten «Marsch der Frauen» aufgerufen. Foto: -/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Tausende Frauen haben in Belarus (Weissrussland) wieder gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko demonstriert.
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Sie zogen am Samstag zu Fuss durch die Hauptstadt Minsk und schwenkten weiss-rot-weisse Fahnen, wie auf Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen war.

Berichten zufolge waren mindestens 5000 Frauen unterwegs. Viele trugen Blumen bei sich und bildeten Menschenketten. Die Polizei soll die Demonstration beobachtet haben; über Festnahmen bei dem sogenannten «Marsch der Frauen» der Opposition war zunächst nichts bekannt. Auch in anderen Städten der Ex-Sowjetrepublik protestierten am Samstag viele Frauen.

Am Vormittag waren vor allem Studenten in der Stadt unterwegs, die sich zu einer «Solidaritätsaktion» zusammengeschlossen hatten. Es gab auch wieder Festnahmen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wesna wurden mindestens 15 Studenten abgeführt. Auf Videos war zu sehen, wie Uniformierte einige friedlich demonstrierende Studenten brutal in Minibusse zerrten. Sie protestieren gegen die Festnahmen von Kommilitonen am Vortag, als Dutzende Menschen von der Polizei mitgenommen wurden. Rund die Hälfte der Festgenommenen müsse mit einer Strafe rechnen, teilte das Innenministerium mit. Zu Beginn der Proteste hatten die Sicherheitskräfte fast 7000 Menschen festgenommen. Danach hielten sie sich weitgehend zurück.

Nach Angaben der Wesna-Aktivisten nahmen die Sicherheitskräfte an einer Universität Demonstranten brutal fest. Einige Studenten sangen friedlich vor den Hochschulen und forderten die Freilassung von politischen Gefangenen. Das Bildungsministerium kündigte deshalb an, die Kontrollen an den Universitäten zu verstärken.

Anführerin der Demokratiebewegung ist die Aktivistin Swetlana Tichanowskaja. Die 37-Jährige war bei der Präsidentenwahl am 9. August gegen Lukaschenko angetreten, der nach 26 Jahren an der Macht aber den Sieg mit 80 Prozent der Stimmen für sich beansprucht. Seitdem gibt es mittlerweile seit fast vier Wochen täglich neue Proteste.

Tichanowskaja, die nach der Wahl unter Druck der Behörden in das EU-Land Litauen ausreiste, beantwortete am Abend bei einer Videoschalte zahlreiche Fragen der Belarussen. Dabei betonte sie, dass sie sich dem Kontakt zu Russland nicht verschliessen wolle. Sie sei offen für alle Seiten. Bislang habe Moskau sie jedoch nicht kontaktiert. Niemand solle sich einmischen, der Wille der Bürger Belarus müsse respektiert werden. «Ich rufe alle auf, einschliesslich Russland und die Nachbarländer, dass sie die Souveränität unseres Volkes respektieren. Jeder soll verstehen, dass unsere Unabhängigkeit nicht verkauft wird und nicht verhandelbar ist», sagte sie.

Tichanowskaja war bis zur Wahl politisch nicht in Erscheinung getreten. Sie arbeitete früher als Englischlehrerin und ist Mutter von zwei Kindern. Zu ihrer politischen Rolle kam sie, weil ihr Mann Sergej, der in seinem Videoblog regelmässig Korruption anprangerte, festgenommen wurde. Daraufhin liess sich die 37-Jährige als Kandidatin registrieren und mobilisierte mit Unterstützung anderer Oppositioneller Tausende Menschen. Sie rufe auch weiterhin die Menschen auf, die friedlichen Demonstrationen fortzusetzen und weiter auf Dialog mit Lukaschenko zu setzen, sagte Tichanowskaja.

Unterdessen wurde bekannt, dass Tichanowskajas Vertraute, die prominente Oppositionelle Olga Kowalkowa, ins Nachbarland Polen ausreisen musste. Sie sei von den Behörden in Belarus dazu gedrängt worden, sagte Kowalkowa dem Internetportal tut.by zufolge. Sie hätten sie ihre hätten ihr zur Wahl gestellt, das Land zu verlassen oder noch lange im Gefängnis zu bleiben. «Nun bin ich in Freiheit, aber ausserhalb von Belarus», sagte sie der polnischen Agentur PAP zufolge. Sie wolle auch nach Minsk zurückkehren. Die 36-Jährige sei in der Nacht zur polnischen Grenze gebracht worden, ohne vorher darüber informiert worden zu sein. Von dort aus fuhr sie nach Warschau.

Kowalkowa ist auch im Präsidium des Koordinierungsrates, der einen friedlichen Machtwechsel in dem osteuropäischen Land erreichen will. Kowalkowa war im August festgenommen und musste mehrere Tage in Haft.

Angesichts des Machtkampfes in dem osteuropäischen Land drohte auch Bundesaussenminister Heiko Maas mit einer Verschärfung von Strafmassnahmen gegen Lukaschenko. «Wir erkennen als Europäische Union die Wahl nicht an und haben Sanktionen beschlossen. Diese setzen wir jetzt um. Wenn Lukaschenko nicht reagiert, wird es weitere Sanktionen geben», sagte der SPD-Politiker der «Bild am Sonntag».

Zugleich stellte Maas klar, was er von der Führung in Minsk erwartet: «Ich fordere von Lukaschenko, dass er mit der Opposition verhandelt, dass die Wahl wiederholt wird, dass Lukaschenko sofort damit aufhört, friedliche Demonstranten einzusperren und zu misshandeln, dass er die Menschenrechte und die Pressefreiheit achtet.»

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