Berlin und Paris sind alarmiert: Russische Söldner in Mali?
Für die Strategen aus der EU ist es ein Déjà-vu. Treten russische Söldner nach Syrien und Libyen nun auch im westafrikanischen Mali auf den Plan? Deutschland und Frankreich drohen mit Konsequenzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundesregierung ist besorgt über eine sich anbahnende Zusammenarbeit der Militärjunta im westafrikanischen Mali mit Söldnern der russischen Militärfirma Wagner.
«Sollte sich die Zusammenarbeit von Mali mit russischen Söldnergruppen bestätigen, stellt das die Grundlagen des Mandats der Bundeswehr für Minusma und EUTM in Frage und gemeinsam mit dem Bundestag müssten wir Konsequenzen ziehen», warnte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) mit Blick auf die zwei laufenden Einsätze von insgesamt etwa 1200 Bundeswehrsoldaten in dem Land.
Zuvor hatte es schon ähnliche Warnungen aus Frankreich gegeben, das in Mali und angrenzenden Sahel-Staaten Truppen auch im Kampfeinsatz gegen Islamistenmilizen hat.
Bundeswehrsoldaten sind Teil der UN-Truppe Minusma. Diese bemüht sich um Stabilisierung, nachdem Nordmali 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen geraten war - bis Frankreich militärisch robust eingriff. Zudem stellt die Bundeswehr Männer und Frauen für die militärische EU-Ausbildungsmission EUTM. Ziel des seit 2013 laufenden Einsatzes ist es, die Streitkräfte in der Region durch Beratung und Ausbildung zu unterstützen, so dass sie Bedrohungen durch islamistische Terrorgruppen entgegentreten können.
Laut France24 geht es um 1000 Wagner-Söldner und Frankreich könnte das als Bruchlinie sehen. Frankreich hatte schon vorher angekündigt, einige Militärstandorte in der Region zu schliessen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow kommentierte die Medienberichte so: «Es gibt dort keine Vertreter der russischen Armee», sagte er der Staatsagentur Tass zufolge. Moskau führe zudem keine offiziellen Verhandlungen mit der Militärführung in Mali. Russland stehe aber in Kontakt mit afrikanischen Ländern, auch übers Militär. Ähnlich hatte sich Staatschef Wladimir Putin in der Vergangenheit geäussert, wenn er auf die Söldner-Gruppe «Wagner» angesprochen wurde.
Russland will aber wieder mehr Stärke in Afrika zeigen, so wie vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Erst vor zwei Jahren hatte Putin einen Gipfel ausgerichtet, zu dem damals Vertreter von mehr als 30 afrikanischen Staaten angereist waren.
Die Gruppe Wagner soll in Syrien, Libyen, der Ukraine, Mosambik und der Zentralafrikanischen Republik gekämpft haben. Ihr werden Beziehungen zum Kreml nachgesagt. Peskow sagte einmal mit Blick auf die russische Gesetzgebung: «Es gibt private Sicherheitsfirmen, aber laut Gesetz keine privaten Militärfirmen.»
Das Agieren in Afrika wird in Berlin seit geraumer Zeit beobachtet. «Ich kann für das Auswärtige Amt sagen, dass wir Kenntnis über russische Gespräche mit der malischen Regierung haben und auch die jüngsten Medienmeldungen über mögliche bilaterale Militärkooperationen zur Kenntnis genommen haben», sagte eine Sprecherin am Mittwoch und bezeichnete die Möglichkeit als äusserst besorgniserregend. «Wir befinden uns zu diesem ganzen Themenkomplex im Austausch mit unseren europäischen Partnern, natürlich auch mit Frankreich.» Mit der malischen Führung werde nun über die gesamte Bandbreite der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit des Landes mit der EU und Drittstaaten gesprochen.
Zunächst - so erwarten es Militärexperten in Berlin - werden Paris, Berlin und ihre Partner also versuchen, der mit einem Militärputsch an die Macht gekommenen malischen Führung Daumenschrauben anzulegen und sie von der Kooperation mit Russland abzubringen. Ein Abzug aus Mali steht demnach noch nicht auf dem Programm. Er wäre nach Afghanistan eine weitere bittere Niederlage.
Das Engagement in Mali steckt nach dem Scheitern am Hindukusch aber sowieso auf dem Prüfstand. Im Mai kommenden Jahres müsste der Bundestag die zwei Mali-Mandate verlängern. Für die künftige Bundesregierung ist es die erste verteidigungspolitische Herausforderung, weil die Wirksamkeit des Engagements in Frage steht - und überhaupt: Welche Ziele sollen bis wann erreicht werden? Die Enttäuschung ist greifbar. Kramp-Karrenbauer: «Wenn Malis Regierung mit Russland solche Vereinbarungen trifft, widerspricht das allem, was Deutschland, Frankreich, die EU und die UN in Mali seit 8 Jahren leisten.»
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul erklärte, dem Parlament lägen keine Informationen vor, die den Mali-Einsatz grundsätzlich infrage stellten. «Da wir im EU-Rahmen sowie aufgrund von UN-Beschlüssen dort sind, setzt jede neue Entscheidung eine Abstimmung auf internationaler Ebene voraus. Die Notwendigkeit zur Bekämpfung des islamistischen Terrors und zur Stabilisierung der Staaten in der Sahel-Zone bestehen in jedem Fall fort», erklärte Wadephul.
Aussen- und Sicherheitspolitiker im Bundestag forderten die Regierung auf, das Parlament einzubeziehen. Der aussenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, richtete die Forderung an das SPD-geführte Aussenministerium. Die Verteidigungsexperten von Grünen und FDP, Tobias Lindner und Marie-Agnes Strack-Zimmermann, richteten sie an Kramp-Karrenbauer («Stuttgarter Zeitung»/«Stuttgarter Nachrichten» und ZDF).