Verbraucher kommen künftig schneller aus Handyverträgen
Das hat das Parlament vor der Sommerpause beschlossen. Ausserdem kann Mordverdächtigen unter bestimmten Voraussetzungen ein zweites Mal der Prozess gemacht werden. Wichtige neue Gesetz im Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
- Erst nach mehr als 17 Stunden hat der Bundestag um 02.30 Uhr in der Nacht zum Freitag seine Sitzung beendet.
Sie war damit 18 Minuten länger als die bis dahin längste Sitzung dieser Legislaturperiode im Juni 2019. Wichtige Beschlüsse im Überblick:
Strafprozessordnung
Bei schwersten Straftaten wie Mord, Völkermord oder Kriegsverbrechen kann Verdächtigen künftig ein zweites Mal der Prozess gemacht werden, wenn neue Beweise auftauchen. Wegen des Verbots der sogenannten Doppelbestrafung darf eigentlich niemand für dieselbe Tat mehrfach zur Verantwortung gezogen werden.
Die Liste der «Wiederaufnahmegründe» wird nun um schwere Straftaten erweitert, die nicht verjähren können. Dazu gehören Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen eine Person.
Beleidigung
Härter bestraft werden verhetzende Beleidigungen gegen Juden und Muslime sowie gegen Homosexuelle und Behinderte. Herabwürdigende Briefe oder Mails gelten bislang nicht als Volksverhetzung, weil sie nicht öffentlich verbreitet werden - diese strafrechtliche Lücke wurde nun geschlossen.
Kindesmissbrauch
Mit dem Gesetzespaket werden ferner die Verbreitung und der Besitz von Anleitungen zum sexuellen Kindesmissbrauch zur Straftat gemacht. Wer die Texte aus dem Internet oder geschlossenen Chatgruppen runterlädt, muss mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen, für deren Verbreitung drohen sogar drei Jahre Gefängnis.
Stalking
Wer einer anderen Person regelmässig auflauert oder sie wiederholt belästigt, soll künftig schneller vor Gericht landen. Um das sogenannte Stalking konsequenter verfolgen zu können, hat der Bundestag die Strafbarkeitsschwelle abgesenkt. Bisher musste den Tätern «beharrliches» Nachstellungsverhalten nachgewiesen werden, das das Leben des Opfers «schwerwiegend» beeinträchtigt. In Zukunft reicht es schon aus, jemanden «wiederholt» zu belästigen und dessen Leben damit «nicht unerheblich» zu beeinträchtigen.
Verschärft wird ausserdem das Strafmass: Konnten bisher wegen Stalkings maximal drei Jahre Gefängnis verhängt werden, sind in besonders schweren Fällen künftig bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe möglich.
Illegale Internetgeschäfte
Der Internethandel mit Waffen, Drogen und Kinderpornografie soll konsequenter bestraft werden. Betreiber einer kriminellen Handelsplattform droht künftig bis zu zehn Jahre Gefängnis. Schon bisher machten sich Betreiber grundsätzlich der Beihilfe schuldig, wenn ihre Online-Marktplätze für illegale Geschäfte genutzt wurden. Wenn ihnen aber keine Kenntnis von den konkret gehandelten Waren nachgewiesen werden konnte, blieben sie in der Regel unbehelligt.
Vertragslaufzeit
Die Vertragslaufzeiten für Handytarife, Streamingdienste oder Fitnessstudios werden gesetzlich beschränkt, um den Wechsel zu einem anderen Anbieter zu erleichtern. Ein entsprechendes Gesetz soll Verbrauchern zudem die Kündigung ihrer Verträge erleichtern. Vor einer grundsätzlichen Verkürzung der Vertragslaufzeiten auf ein Jahr, die in dem Gesetzgebungsverfahren zwischenzeitlich erwogen wurde, nahm die schwarz-rote Koalition aber Abstand.
Wie schon nach geltendem Recht kann eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu zwei Jahren grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden, ohne dies an weitere Voraussetzungen zu binden. Zum Schutz der Verbraucher würden aber strengere Regelungen für die automatische Verlängerung von Verträgen getroffen, erklärte Jan-Marco Luczak, der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Eine automatische Verlängerung von befristeten Verträgen soll demnach nur noch sehr eingeschränkt möglich sein.
Mietspiegel
Städte und Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern müssen künftig einen Mietspiegel erstellen. Damit sollen Mieter besser vor überzogenen Mieterhöhungen geschützt werden. In mehr als 80 der 200 grössten deutschen Städte gebe es derzeit keinen gültigen Mietspiegel, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner. Ohne Mietspiegel sei die Mietpreisbremse aber «faktisch unwirksam». Mietspiegel werden genutzt, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.