Boris Johnson will der BBC den Geldhahn zudrehen
Premier Boris Johnson war mit der Berichterstattung der BBC über seinen Wahlkampf «not happy». Jetzt will er die staatliche TV-Gebühr freiwillig machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Johnson will noch vor dem Brexit der BBC die öffentliche Finanzierung entziehen.
- Die BBC hätte im Wahlkampf nicht fair über ihn und seine Tories berichtet.
- Für die BBC wäre eine Abschaffung der Billag-ähnlichen Gebühren existenzbedrohend.
Heute werden in Grossbritannien Boris Johnson und seine Tories nach ihrem Erdrutsch-Wahlsieg im Parlament vereidigt. Nach gewohnt grossem Zeremoniell darf Johnson ab Freitag Kurs aus der EU nehmen – geplanter Brexit-Termin ist der 31. Januar.
Die Zeit bis Freitag nutzt Boris Johnson aber noch, um eine offene Rechnung zu begleichen. Im Visier hat der Neo-Premier die BBC. Denn wegen deren Berichterstattung über seinen Wahlkampf war Johnson gar nicht «amused». Er kokettiert jetzt öffentlich mit der Idee, durch eine Gesetzesänderung dem öffentlich-rechtlichen Sender die finanzielle Grundlage zu entziehen.
Boris Johnson will Briten-Billag abschaffen
Konkret will Johnson Bürger, welche ihre staatlichen TV-Gebühren von rund 200 Franken nicht bezahlen, künftig ohne Strafe davonkommen lassen. Aktuell wird das Nicht-Bezahlen der Billag-ähnlichen Gebühr rechtlich verfolgt und mit Strafen bis zu 1300 Franken geahndet. Sollten diese Strafen abgeschafft werden, würden Ausfälle von bis zu 260 Millionen Franken auf die BBC zukommen. Dies beklagt der Sender im «Guardian».
Boris Johnson und seine Tories werfen der BBC vor, im hitzigen britischen Wahlkampf gegen den Brexit Stimmung gemacht zu haben. Ausserdem sei die Berichterstattung grundsätzlich «Anti-Tory». Schon im Wahlkampf hinterfragte Johnson darum die staatliche TV-Gebühr. Andere Medienhäuser wie beispielsweise die «Sun» hätten ebenfalls erfolgreich Wege gefunden, sich zu finanzieren.
Feinde hüben wie drüben
Die BBC konnte es im Wahlkampf indes niemandem recht machen. Die Konservativen um Johnson waren wegen eines viral gegangenen Twitter-Videos sauer. BBC-Aushängeschild Andrew Neil forderte Johnson darin auf, sich seinen Fragen zu stellen. Johnson hatte als einziger Spitzenpolitiker seit Jahrzehnten das Interview mit Neil verweigert.
“It is not too late. We have an interview prepared. Oven-ready, as Mr Johnson likes to say”
— BBC Politics (@BBCPolitics) December 5, 2019
Andrew Neil issues a challenge for Boris Johnson to commit to an interview with him, to face questions on why people have “deemed him to be untrustworthy”https://t.co/daHLxEYn4r pic.twitter.com/oQ21uDdtJe
Zusätzlich berichtete die BBC ausführlich über eine unglückliche Aktion des Premierministers bei einem Interview zum britischen Gesundheitswesen. Ein Journalist wollte von Johnson ein Kommentar zu einem Video. Darin musste ein Vierjähriger mit Verdacht auf eine Lungenentzündung vier Stunden auf dem Fussboden eines Spitals in Leeds warten. Johnson weigerte sich zuerst die Bilder zu kommentieren, bevor er dem Journalisten schliesslich das Handy wegnahm und es einsteckte.
Tried to show @BorisJohnson the picture of Jack Williment-Barr. The 4-year-old with suspected pneumonia forced to lie on a pile of coats on the floor of a Leeds hospital.
— Joe Pike (@joepike) December 9, 2019
The PM grabbed my phone and put it in his pocket: @itvcalendar | #GE19 pic.twitter.com/hv9mk4xrNJ
Gleichzeitig steht die BBC unter Beschuss vom anderen politischen Ufer. Die Labour-Partei ist mit der Berichterstattung ebenfalls unzufrieden. Wahl-Verlierer Jeremy Corbyn bemängelte etwa, dass Zuschauer, die Boris Johnson während einer Debatte ausgelacht haben, aus einem Beitrag herausgeschnitten wurden. Ausserdem werde er selbst seit Jahren stets im denkbar schlechtesten Licht dargestellt, glaubt Corbyn.
BBC wehrt sich
Die BBC selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe. In einer E-Mail entschuldigt sich Tony Hall, Generaldirektor der BBC, für menschliche Fehler, wie beispielsweise das Heraus-editieren des Gelächters. Doch zu sagen man sei einseitig, sei nicht akzeptabel. Kritiker würden einzelne Beispiele aus hunderten Stunden Output herauspicken, um dann die BBC als nicht neutral darstellen.