Boris Johnson: Zweiter Churchill oder Selbstdarsteller?
Als Boris Johnson nach seiner Wahl zum Tory-Parteichef und Premier vor die Tür der Downing Street 10 trat, klang es, als wäre Grossbritannien im Krieg und dem Land stünde eine Entscheidungsschlacht bevor.
Das Wichtigste in Kürze
- Aus seinem angedrohten Brexit ohne Abkommen wurde genauso wenig etwas, wie aus seinem eilig nachverhandelten Brexit-Deal.
«Die Zweifler, die Untergangspropheten und Pessimisten werden wieder danebenliegen», rief er. Lieber wolle er «tot im Graben» liegen, als eine Verlängerung der Brexit-Frist am 31. Oktober zu beantragen, verkündete Johnson kurze Zeit später. Doch am Ende musste er sich dem Willen der Mehrheit im Parlament fügen.
Aus seinem angedrohten Brexit ohne Abkommen wurde genauso wenig etwas, wie aus seinem eilig nachverhandelten Brexit-Deal. Immerhin setzte er sich im vierten Versuch mit seinem Wunsch nach einer Neuwahl durch. Johnson regierte seit Anfang September ohne Mehrheit im Parlament - teils rücksichtslos. Als eine Gruppe von Tories gegen die Regierung stimmte, warf er sie kurzerhand aus der Fraktion.
Johnson wird das Talent nachgesagt, den vermeintlich einfachen Mann anzusprechen. Tatsächlich gehört Alexander Boris de Pfeffel aber zur Oberschicht. So besuchte er das Elite-Internat Eton und studierte an der Uni Oxford. In New York als Sohn eines erfolgreichen Beraters für Umweltfragen geboren, war ihm schon als Kind klar, dass er für Höheres bestimmt war. Auf die Frage, was er einmal werden wolle, habe er geantwortet: «Weltkönig», sagte seine Schwester Rachel einmal.
Johnsons Vorgängerin Theresa May hatte zwar einen Brexit-Deal mit der EU ausgehandelt, doch sie konnte ihn nicht durch das Parlament bringen. Vor allem wegen des Widerstands in ihrer Partei - auch Johnsons. Am Ende war sie zum Rücktritt gezwungen.
Nun inszeniert sich Johnson als Retter in der Not. Sein Vorbild könnte Winston Churchill sein. Über den Kriegspremier veröffentlichte er eine Biografie und bekannte, es handele sich um den Helden seiner Kindheit. «Er will als derjenige gesehen werden, der das Land durch einen Blut-Schweiss-und-Tränen-Moment führt», wurde Johnson vom belgischen Europa-Abgeordneten Philip Lamberts charakterisiert.