Bürgenstock: So gefährlich sind Auslandsreisen für Selenskyj
Die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Bürgenstock waren immens. Nicht zuletzt wegen Wolodymyr Selenskyj. Für den Ukrainer sind solche Besuche immer ein Risiko.
Das Wichtigste in Kürze
- Wolodymyr Selenskyj besuchte in den letzten Tagen mehrere Länder und Kontinente.
- Der Ukraine-Präsident sei dadurch exponiert, sagt ein Osteuropa-Experte.
- Die Sicherheitsmassnahmen sind entsprechend hoch – wo kann er überall hin?
Am Wochenende kam ein Spitzenpolitiker nach dem anderen auf dem Bürgenstock an. Als Initiator mit dabei war auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Einmal mehr hielt er sich während des Ukraine-Kriegs im Ausland auf.
Die Gefahr für den 46-Jährigen ist auch nach fast zweieinhalb Jahren Krieg noch immer sehr gross. Das zeigen etwa geplante Mordanschläge, die vereitelt werden konnten. Anfangs Mai wurde bekannt, dass fortgeschrittene Anschlagspläne gegen Selenskyj und andere führende Ukrainer verhindert wurden.
Gemäss eigener Aussage hat er schon mindestens fünf Attentate überlebt. Die Zeitung «The Independent» schreibt von mehr als zwölf. Wie gefährlich sind also solche Reise wie die auf den Bürgenstock für den ukrainischen Präsidenten?
Wolodymyr Selenskyj ist «sehr exponiert»
«Selenskyj ist nach wie vor das wichtigste Ziel für den russischen Geheimdienst», sagt Osteuropa-Experte Ulrich Schmid zu Nau.ch. «Er ist sehr exponiert. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsmassnahmen.»
In Kiew verlasse der ukrainische Präsident seine Büroräumlichkeiten kaum und übernachte in einem Zimmer an seinem Arbeitsort.
Schmid erinnert auch an Kyrylo Budanow, den Chef des ukrainischen Militärnachrichtendienstes. Den 38-Jährigen wollte Russland Anfang Mai töten. «Sogar seine Frau wurde Opfer eines Giftanschlags.» Sie überlebte diesen dank rascher Hilfe ohne bleibende Schäden.
Im Ausland blieben die Auftritte Selenskyjs bisher ohne grossen Zwischenfall. Vor der Bürgenstock-Friedenskonferenz war er letzte Woche am G7-Gipfel in Süditalien. Tage zuvor war er zu Gesprächen in Saudi-Arabien eingetroffen. Ebenfalls in der Vorwoche sprach der 46-Jährige in Berlin vor dem Bundestag.
Vor zehn Tagen noch war er anlässlich der Gedenkfeiern zur Alliierten-Landung in der Normandie vor 80 Jahren in Frankreich. Anfang Juni hatte er beim Sicherheitsforum in Singapur für den Friedensgipfel in der Schweiz geworben.
Langer Konvoi auf dem Bürgenstock
Trotzdem – es gibt Orte, von denen sich der ukrainische Präsident fernhalten muss. «Er kann die besetzten Gebiete in der Ukraine nicht betreten», sagt Ulrich Schmid zum Beispiel. Damit gemeint sind Teile der Ostukraine und die Krim. «Er kann nicht nach Russland reisen und würde wohl auch Belarus nicht betreten.»
Vergangenes Wochenende wurde er von Zürich aus mit einem Super-Puma-Helikopter der Schweizer Armee auf den Bürgenstock geflogen.
Für den Rückweg ging es am Sonntagabend zuerst mit einem langen Auto-Konvoi zum Heli-Platz. Von dort flog er mit einem Superpuma nach Zürich, von wo aus er die Schweiz wieder verliess.
Sichere Friedenskonferenz in der Schweiz
Die Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock lief ohne grosse Zwischenfälle ab. Das teilte Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin Viola Amherd schon am Sonntagnachmittag mit.
In ihrem Fazit gibt sich am Montagmorgen auch die Nidwaldner Polizei zufrieden. Man ziehe ein positives Fazit, habe den Auftrag diskret erfüllt und für einen reibungslosen Ablauf sorgen können.
Insgesamt seien nur wenige Störmanöver verzeichnet worden, vor allem Cyber-Überlastungsangriffe ohne Folgen. Einige wenige verdächtige Personen und Fahrzeuge seien bei den Zugängen zur Sicherheitszone weggewiesen worden. In der Sicherheitszone selber erfolgten keine Zugriffe. Zudem wurden einige Kleindrohnen-Pilote angezeigt.
Alles in allem verlief der Besuch Selenskyjs hierzulande also gut – auch wenn es für die Gastgeber grossen Aufwand bedeutet. «Es gibt jeweils enge Absprachen zwischen Selenskyjs Sicherheitsdienst und dem Sicherheitsdienst des Gastlandes», so Schmid.
Ansonsten lebt der ukrainische Präsident sehr gefährlich ...