Charité: Alexej Nawalny liegt weiter im Koma
Die Berliner Charité berichtet, dass die Symptomatik beim vermeintlich vergifteten russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny rückläufig ist.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Gesundheitszustand des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny ist weiterhin ernst.
- Die Berliner Uni-Klinik teilt am Freitag mit, dass er sich ausser Lebensgefahr befinde.
- Die deutschen Ärzte gehen von einer Vergiftung aus.
Seit rund einer Woche wird der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in der Berliner Charité behandelt. Die Klinik spricht von einer schweren Vergiftung - mit ungewissen Folgen.
Es bestehe aber keine akute Lebensgefahr, teilte die Uni-Klinik am Freitag mit. Die Symptomatik sei rückläufig.
Der Patient befinde sich aber weiterhin auf einer Intensivstation im künstlichen Koma und werde maschinell beatmet. «Sein Gesundheitszustand ist unverändert ernst, ohne dass akute Lebensgefahr besteht», heisst es wörtlich in der Erklärung der Klinik. Nach wie vor seien eventuelle Langzeitfolgen der schweren Vergiftung des Patienten nicht absehbar.
Deutsche Ärzte gehen von Vergiftung aus
Auch die Sprecherin von Alexej Nawalny, Kira Jarmysch, berichtete am Freitag von einem ernsten Gesundheitszustand. «Die Vergiftungssymptome werden aber weniger», schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter. «Jetzt gibt es keine ernsthafte Bedrohung für sein Leben.» Dennoch hätten die Ärzte noch keine weiteren Prognosen abgegeben.

Der Oppositionelle, der am 20. August auf einem Flug in seiner Heimat plötzlich ins Koma gefallen war. Und zunächst in Omsk untersucht wurde, wird seit vergangenem Samstag auf Drängen seiner Familie in der Charité behandelt.
Die deutschen Ärzte gehen nach einer Auswertung von klinischen Befunden davon aus, dass Alexej Nawalny vergiftet wurde. Bei ihm seien Gifte aus der Gruppe der Cholinesterase-Hemmer nachgewiesen worden. Die konkrete Substanz sei bisher nicht bekannt.
Psychische Folgen bei Alexej Nawalny sind möglich
Gifte aus dieser Gruppe können Experten zufolge Langzeitschäden verursachen, darunter Gedächtnisstörungen und Einschränkungen im Sprachvermögen. Möglich seien auch psychische Folgen wie Depressionen.

Der Schock durch die Vergiftung und das tagelange Koma gingen ebenfalls nicht spurlos an einem Patienten vorbei. Bei möglichen Folgen komme es aber immer auf die Dosis an. Die Wirkung des Giftstoffs sei mehrfach und in unabhängigen Laboren nachgewiesen worden, hatte die Charité bereits mitgeteilt.
Angela Merkel kann sich europäische Reaktion vorstellen
Die russische Regierung wiederum hatte die Einschätzung der Berliner Charité, dass Alexej Nawalny vermutlich vergiftet wurde, als vorschnell bezeichnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel kann sich dennoch eine gemeinsame europäische Reaktion auf die mögliche Vergiftung Nawalnys vorstellen. «Wir werden auch das versuchen, wenn wir mehr Klarheit haben über die Hintergründe», sagte die CDU-Politikerin am Freitag in Berlin.
Sie verwies darauf, dass es eine solche Reaktion auch beim Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelspion Sergej Skripal gegeben habe. Damals wiesen fast 30 westliche Verbündete russische Diplomaten aus. Im Fall Nawalny ist aber noch unklar, ob es sich um einen Gift-Anschlag gehandelt hat. Und wer dafür verantwortlich sein könnte.