Im August eröffnet mit einer «Zwei-Religionen-Kita» in Deutschland eine einmalige Einrichtung. Ganz ohne Schwierigkeiten läuft das Projekt aber nicht ab.
Ingetraut Steffenhagen (links) und Linda Minkus richten die «Zwei-Religionen-Kita» ein.
Ingetraut Steffenhagen (links) und Linda Minkus richten die «Zwei-Religionen-Kita» ein. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Im August soll in Deutschland die erste «Zwei-Religionen-Kita» eröffnet werden.
  • Kinder christlichen und muslimischen Glaubens sollen gemeinsam betreut werden.
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In Deutschland laufen die letzten Vorbereitungen für einen besonderen Ort: Im August eröffnet im niedersächsischen Gifhorn eine «Zwei-Religionen-Kita», in der Kinder christlichen und muslimischen Glaubens gemeinsam betreut werden. Die Initiatoren sprechen von einer deutschlandweit einmaligen Einrichtung.

«Die 15 Plätze sind vergeben», sagt die Sprecherin des Projekts, Ingetraut Steffenhagen. Muslime, Christen und Kinder ohne Konfession werden ihren Angaben zufolge unter den Ein- bis Fünfjährigen etwa gleich stark vertreten sein. «Abrahams Kinder» heisst die Einrichtung, die einen Ort für die Kleinen aus unterschiedlichen religiösen Herkunftsfamilien schaffen soll, an dem sie ihre eigene und andere Religionen kennen und verstehen lernen.

Die Zielsetzung und Arbeitsweise haben die muslimische Ditib-Moschee in Gifhorn, die katholische St. Altfrid-Gemeinde und die evangelische Dachstiftung Diakonie in einer Kooperationsvereinbarung beschrieben. Eine jüdische Gemeinde, die die Organisatoren gern einbezogen hätten, gebe es in Gifhorn nicht. Ob die kleine Gruppe zusammen betet oder gemeinsam Gottesdienste feiert, entscheiden die Erzieher. Das Essen soll halal-zertifiziert sein, also auch den Speisevorschriften des Islam folgen.

«Drei-Religionen-Schule» in Osnabrück (D)

Die Idee entstand den Angaben zufolge in der Moscheegemeinde, die aber Schwierigkeiten hatte, aus eigener Kraft eine Kita zu errichten und zu betreiben. Von Pastoralreferent Martin Wrasmann sei dann das Angebot für eine interreligiöse Kita mit einem Vorbild aus Osnabrück gekommen. Dort gibt es bereits seit mehreren Jahren eine «Drei-Religionen-Schule» und eine jüdisch-christliche Kindertagesstätte.

Die Leiterin der Kita in Gifhorn, Linda Minkus, räumt ein, dass das Interesse anfangs verhalten war. Ein denkbarer Grund: Ihrer Meinung nach könnten Eltern zunächst Scheu gehabt haben, ihre Kinder in eine so exponierte Einrichtung zu geben. Von der AfD in Gifhorn wurde das Projekt wegen der wenigen Anmeldungen bereits vor der Eröffnung als gescheitert bezeichnet. Diese Kritik weist Steffenhagen als «übliche Abwehr gegen islamische Migration in den einschlägigen Kreisen» zurück.

Den Zentralrat der Muslime in Deutschland stört die Politisierung des Themas. «Eine Kindertagesstätte ist grundsätzlich unpolitisch», meint der Vorsitzende Aiman Mazyek. Der frühe Austausch sei besonders in Zeiten wichtig, in denen Populisten das Trennende betonen. Für Gifhorns christdemokratischen Bürgermeister Matthias Nerlich kann Verständnis und Toleranz nur gelingen, wenn es Möglichkeiten der Begegnung gibt. Diese Möglichkeit gibt es nun in seiner Stadt bald auch für die ganz Kleinen.

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