Coronavirus: Ärzte in Spanien gehen auf die Barrikaden

Miguel Pereiro
Miguel Pereiro

Spanien,

Kein westeuropäisches Land kämpft derzeit mit derart hohen Fallzahlen des Coronavirus wie Spanien. Ausgerechnet jetzt gehen Ärzte auf die Barrikaden.

Coronavirus Spanien
In Barcelona protestierten Mediziner bereits gegen ihre Arbeitsbedingungen, besonders in Zeiten des Coronavirus. - AP

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Situation in Spanien spitzt sich weiter zu.
  • Das Land verzeichnet über 700'000 Infektionen und rund 31'000 Todesopfer.
  • Ab Montag, 28. September streiken Ärzte auf unbestimmte Zeit.

Die zweite Welle des Coronavirus trifft den Schweizer Ferienliebling Spanien mit voller Wucht. Seit anfangs Juli schnellen die täglichen Fallzahlen in die Höhe, und das deutlich länger als in der ersten Welle.

Seit Ende Juli werden immer mehr Infizierte in die Spitäler eingeliefert. Und nun steigen auch die Todeszahlen bedrohlich an.

Coronavirus Spanien
Die zweite Welle des Coronavirus fällt in Spanien deutlich heftiger aus als die erste. - worldometers

In den letzten sieben Tagen sind in Spanien laut Gesundheitsamt über 500 Menschen in Folge einer Corona-Erkrankung gestorben. Spanien verzeichnete mit 130 Toten am Mittwoch beispielsweise die höchste Rate in ganz Europa.

Zwar sind die Horror-Zahlen vom Frühling mit zeitweise fast 1000 Corona-Toten pro Tag noch weit entfernt. Doch die Lage ist ernst.

Madrid ist die Krisenregion Europas

Derzeit trifft die zweite Welle vor allem die Hauptstadt. Von fast 135'000 neuen Fällen des Coronavirus innerhalb der letzten zwei Wochen kamen 50'000 aus der Region Madrid. Die 14-Tage-Inzidenz liegt bei 755 Fällen pro 100'000 Einwohner.

Das gleiche Bild zeigt sich auch bei den Todesfällen: Ein Drittel der 520 Todesopfer der letzten sieben Tagen lebten in Madrid. Die Regionalregierung von Madrid hat deshalb wieder Ausgangsbeschränkungen verfügt.

Zwar gilt keine strikte Ausgangssperre wie im Frühling, doch hat die Regierung eine Reihe von Vierteln der spanischen Hauptstadt abgeriegelt. Von aussen darf keiner mehr in die Viertel hinein. In der gesamten Region dürfen sich statt vorher zehn nur noch sechs Menschen treffen.

Die Krankenhäuser in der Hauptstadt sind mit rund 3800 Patienten mit Coronavirus erneut am Limit. Die Corona-Patienten besetzen ein Viertel der Spitalbetten – auf den Intensivstationen sogar über ein Drittel.

Was ist passiert?

Touristen mitverantwortlich für zweite Welle des Coronavirus

Spanien ist ein touristischer Hotspot. Deshalb wurde die Grenzöffnung schnell vorangetrieben. Man wollte und konnte nicht auf die gesamten Einnahmen der Sommersaison verzichten.

Spanien Coronavirus
Badeferien in Spanien: Die Tourismusindustrie litt besonders stark unter den wegen Covid-19 geschlossenen Grenzen. - Keystone

Es wurde erwartet, dass sich im Urlaub jeder strikt an die Regeln zur Eindämmung des Coronavirus hält. Virologe Martin Stürmer sieht genau darin ein Problem.

«Die Realität war dann, dass viele junge Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenkamen, um den Kopf freizubekommen», erklärt Stürmer bei «ZDF». Gerade im Urlaub sei oft leichtsinniges Verhalten an den Tag gelegt worden. «Dadurch wurde das Virus am Urlaubsort verbreitet.»

Ärztegewerkschaft klagt über Personalmangel

Ausgerechnet in dieser angespannten Lage gehen die Ärzte in Madrid auf die Barrikaden. Die grösste Mediziner-Gewerkschaft der Region hat für kommenden Montag (28. September) zu einem «unbefristeten und kompletten» Streik aufgerufen.

Schon seit Jahren leide man an einem Mangel an personellen und wirtschaftlichen Ressourcen, klagt Angela Hernández von der Ärztegewerkschaft «Amyts».

Ärzte Spanien
Die Ärztin Ángela Hernández ist Vizepräsidentin der Gewerkschaft Amyts. - Amyts.es

Bereits vor der Pandemie fehlten laut Hernández allein in Madrid 400 Hausärzte und 50 Kinderärzte. «Dass im März niemand mit der Pandemie gerechnet hat, obwohl sie sich ankündigte, ist noch nachzuvollziehen. Aber dass die Politiker nichts gelernt haben, ist enttäuschend», klagt die Ärztin in der «Deutschen Welle».

Das Personal werde zu schlecht bezahlt. Das liege unter anderem daran, dass die Bürger vergleichsweise wenig für die öffentliche Gesundheitsversorgung zahlen würden. «Wir alle müssen mehr bezahlen, damit das hier auch in der Pandemie funktioniert», verlangt Hernández.

Mit der Pandemie habe sich die Situation verschärft. «Jetzt schätzen wir, dass es ein Defizit von etwa 1000 Hausärzten gibt.» Mit dem unbefristeten Streik will die Gewerkschaft die Politik wachrütteln.

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