Coronavirus: Infektionszahlen in Schweden sinken
Der lockere Umgang Schwedens mit dem Coronavirus bleibt umstritten. Doch nun sinken die Infektionszahlen im skandinavischen Land plötzlich drastisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Der schwedische Weg mit dem Coronavirus umzugehen, war lange umstritten.
- Nun sinken die Fallzahlen in Schweden aber drastisch.
- Ob das dem Sonderweg zu verdanken ist, bleibt allerdings fraglich.
Kein Lockdown, offene Schulen und volle Restaurants. Schwedens Corona-Strategie wurde von vielen mit Argwohn und Staunen betrachtet. Nur wenige hiessen den skandinavischen Umgang mit dem Coronavirus gut.
Denn der schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell, der «Architekt» des Sonderweges, hatte einen Plan: Nur die wirklich gefährdeten Personen sollen vor dem Coronavirus geschützt werden.
Die grosse Idee dahinter war die sogenannte Herdenimmunität. Doch das Experiment schien zwischenzeitlich ziemlich schief zu gehen. Lange sah es so aus, als befinde sich Schweden auf dem Holzweg, statt auf dem Sonderweg.
Unverhältnismässig viele Todesfälle wegen Coronavirus
Die schwedischen Infektionszahlen gaben Grund zur Sorge. Laut schwedischen Gesundheitsbehörden waren bis zum 3. August über 80'000 Personen infiziert, allein in Stockholm waren es 23'000. Und beinahe 6000 starben an den Folgen einer Infektion.
Doch an der schwedischen Strategie wird nach wie vor verbittert festgehalten. Bis heute gibt es weder Maskenpflicht noch Quarantäne. Tegnell schwört hier weiter auf die Eigenverantwortung.
ZDF-Korrespondent Henner Hebestreit schätzt die Lage bei «T-Online» als «stabil» ein. Laut ihm hätten die hohen Infektionszahlen aber auch mit dem hohen Testniveau zu tun. Denn seit Pfingsten konnte man in Schweden Test-Kits in Apotheken kaufen.
Schwedische Corona-Zahlen sinken wieder
Ende Juni erlebte Schweden den Infizierten-Peak mit 2500 Erkrankten an einem einzigen Tag. Das berühmt-berüchtigte «Schwedische Modell» schien auf voller Länge gescheitert zu sein.
Und dann plötzlich stoppte der Negativtrend. Seit Beginn des siebten Monats stiegen die Infektionszahlen nicht mehr über 500 neue pro Tag. Momentan liegen die Infektionszahlen bei rund 300 – Tendenz sinkend.
Anna Mia Ekström, Infektionsepidemiologin vom Karolinks-Institut, spricht gegenüber «Focus» von sinkenden Zahlen. Der R-Wert – die Zahl, die aussagt, wie viele Personen ein Infizierter ansteckt– sei in Schweden inzwischen auf 0,6 gesunken.
Weniger Tests ergeben weniger Infizierte
Dass die abflachende Kurve aber allein dem Sonderweg zuzuschreiben sei, das bezweifelt Herbestreit. «Es ist eine gewisse Sättigung an Testbedarf eingetreten. Entsprechend weniger Leute müssen dann auch die Testmöglichkeiten wahrnehmen. Wenn sich weniger Menschen testen lassen, bekommt man vielleicht weniger Infektionszahlen.»
Unrecht hat Herbestreit mit dieser Vermutung nicht. Laut dem Forum «Our World in Data» testet Schweden seit Anfang Juli weniger. Jedoch sank seither nicht nur die Anzahl Tests, sondern auch die Anzahl positiver Tests.
Hier sieht Tegnell die Lösung. Er ist sehr zufrieden mit Schwedens Umgang mit dem Coronavirus. «Ich denke, es war ein grosser Erfolg», sagte er in einem Interview mit dem Portal «unherd».
«Wir sehen jetzt schnell sinkende Fälle, wir hatten kontinuierlich funktionierende Gesundheitsversorgung. Es gab zu jeder Zeit freie Betten, nie Gedränge in den Krankenhäusern. Und wir konnten Schulen offen halten, was wir für äusserst wichtig halten.»