«Desaströses Corona-Jahr» im Gastgewerbe

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Deutschland,

Urlaub im eigenen Land statt in der Ferne: In der Corona-Krise änderte sich das Reiseverhalten der Menschen in Deutschland. Doch auch das kann den Einbruch im Deutschland-Tourismus nicht verhindern.

Hier darf man nicht essen: Vor einem Restaurant in Köln stehen die Stühle coronabedingt auf den Tischen. Foto: Oliver Berg/dpa
Hier darf man nicht essen: Vor einem Restaurant in Köln stehen die Stühle coronabedingt auf den Tischen. Foto: Oliver Berg/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Menschen in Deutschland haben im Corona-Jahr 2020 Urlaub zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen gemacht.

Gut jede zweite Urlaubsreise fand einer Umfrage zufolge im eigenen Land statt - ein Reiseverhalten ähnlich wie in den 1970er Jahren. Dennoch verzeichnete der Deutschland-Tourismus einen massiven Einbruch. Die Übernachtungszahlen sanken auf ein Rekordtief. Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) rechnet vor allem für die Sommermonate mit einer Belebung der Reisen aus Deutschland und Europa. Allerdings ist die Verunsicherung der Menschen einer Umfrage zufolge derzeit noch gross.

Reisebeschränkungen und zeitweise Übernachtungsverbote für Privatleute in der Pandemie trafen Hotels, Pensionen und andere Unterkünfte im vergangenen Jahr mit voller Wucht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Mittwoch sank die Zahl der Übernachtungen von Reisenden aus dem In- und Ausland gegenüber dem Vorjahr um 39,0 Prozent auf das Rekordtief von 302,3 Millionen. Es war der niedrigste Stand seit dem Vorliegen gesamtdeutscher Ergebnisse im Jahr 1992.

Der Einbruch infolge des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 liess sich auch nicht durch eine mancherorts gute Sommersaison kompensieren. Es fehlten auch Geschäftsreisende und internationale Gäste. Wegen der Pandemie wurden reihenweise Messen, Konferenzen und andere Veranstaltungen abgesagt. Der weltweite Reiseverkehr wurde eingeschränkt. So galt beispielsweise von Mitte März bis Ende Juni 2020 ein Einreiseverbot für Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU-Staaten. Seit Anfang November befindet sich die Branche in Deutschland erneut im Lockdown.

Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Guido Zöllick, schlug Alarm: «Nach dem desaströsen Corona-Jahr mit vier Monaten Lockdown sind die Konten unserer Betriebe leer. Wegen der verzögerten Hilfszahlungen und der fehlenden Öffnungsperspektiven nehmen Verzweiflung und Existenzängste in der Branche dramatisch zu.» Das Geschäft mit den wenigen Übernachtungen der Geschäftsreisenden decke kaum die Kosten für das Offenhalten der Hotels, Gasthäuser und Pensionen.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) machte auf die aus ihrer Sicht wachsende Notlage der Beschäftigten im Gastgewerbe aufmerksam. Angesichts niedriger Löhne in der Branche und monatelanger Kurzarbeit befänden sich Hotelangestellte, Köche und Kellner in einer prekären Lage. «Selbst 80 Prozent des Nettolohns ab dem siebten Monat Kurzarbeit sind bei jemandem, der nur knapp über dem Mindestlohn verdient, zu wenig, um Rechnungen oder die Miete zu bezahlen», sagte NGG-Vorsitzender Guido Zeitler. Ohne zusätzliche Hilfen der Politik drohten enorme soziale Verwerfungen im unteren Einkommenssektor.

Einer Umfrage zufolge verpasste die Corona-Pandemie der Reiselust der Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr einen kräftigen Dämpfer. Lediglich 37 Prozent der mehr als 3000 Befragten waren mindestens fünf Tage verreist, wie aus der Tourismusanalyse der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen von British American Tobacco (BAT) hervorgeht. Im Vorjahr waren es noch 61 Prozent.

Der Anteil der Inlandsreisen stieg im Vergleich zum Vorjahr um gut 21 Prozentpunkte auf 55,5 Prozent. Das entspricht den Angaben zufolge dem Reiseverhalten der 1970er Jahre. Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg konnten ihre Marktanteile jeweils in etwa verdoppeln. Die Anzahl der Ankünfte blieb allerdings in etwa gleich, weil insgesamt weniger Menschen verreisten.

«Die Bundesbürger zeigen sich krisenbewusst und pragmatisch. Statt zu verreisen, blieben sie 2020 überwiegend zuhause - teilweise zwangsweise, teilweise aber auch durch die grosse Verunsicherung und Angst vor Infektionen», erläuterte der wissenschaftliche Leiter der BAT-Stiftung, Ulrich Reinhardt.

Das beliebteste Auslandsziel war der Umfrage zufolge Österreich, das erstmals seit 50 Jahren diesen Spitzenplatz belegte. Wie Anfang der 1970er Jahre folgten Italien und Spanien auf Platz zwei und drei, auch wenn beide Länder Marktanteile einbüssten. Skandinavien, Griechenland, die Benelux-Staaten und Polen konnten ihre Anteile erhöhen, bei insgesamt niedrigem Gesamtniveau. Nur noch jeder 15. Urlauber habe ein Ziel ausserhalb Europas gewählt. Reisen nach Amerika oder Afrika fanden fast gar nicht statt.

Zwar möchten gut drei Viertel der Befragten (76 Prozent) in diesem Jahr mit Familie oder Freunden Urlaub machen. Doch ungefähr genauso viele Befragte (78 Prozent) glauben, dass das Gefühl der Unsicherheit wegen der andauernden Corona-Pandemie erstmal bleiben wird. «Solange die Angst sich zu infizieren, krank zu werden oder im Urlaub gar ärztliche Hilfe zu benötigen im Hinterkopf ist, werden viele Bundesbürger mit einem unguten Gefühl unterwegs sein oder gleich ganz zuhause bleiben», erklärte Reinhardt. «Sicherheit war, ist und bleibt die Grundvoraussetzung beim Reisen.»

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