Deutsche Bahn muss womöglich bei ICE-Bestellungen sparen
Die Deutsche Bahn ist auf der Suche nach Sparmöglichkeiten. Womöglich stehen dazu auch die weiteren ICE-Bestellungen zur Disposition.
Weil die Deutsche Bahn deutlich weniger Geld aus dem deutschen Budget bekommt als ursprünglich geplant, ist der Konzernvorstand auf der Suche nach Sparmöglichkeiten. «Bei den Sparbemühungen stehen womöglich auch die weiteren ICE-Bestellungen zur Disposition.»
Das sagte Martin Burkert, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei der Bahn und zugleich Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, der Deutschen Presse-Agentur.
Bahn-Chef Richard Lutz sei dabei, in allen Bereichen des Konzerns nach Sparpotenzialen zu suchen. Die so entstehende Liste solle Ende März dem Aufsichtsrat der Bahn vorgelegt werden, sagte Burkert. Die Bahn hat in den vergangenen Monaten ihre Flotte mit zahlreichen neuen ICEs der Baureihen ICE 4 und ICE 3neo verjüngt. Bis 2030 soll das Durchschnittsalter der ICE-Flotte von derzeit 18 auf dann 12 Jahre sinken. Die Hoffnung im Konzern ist gross, dass auch eine jüngere Flotte zu weniger Störungen und damit mehr Pünktlichkeit beitragen wird.
Aufstockung bei ICE-Zügen geplant
Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen mehr als 450 ICE des bundeseigenen Unternehmens im Netz unterwegs sein – deutlich mehr als aktuell. Zudem wurde die Entwicklung eines neuen Schnellzugs ausgeschrieben, der Hochgeschwindigkeiten von 280 bis 300 Stundenkilometer schafft und gleichzeitig einen niveaugleichen Einstieg auf Höhe des Bahnsteigs, also ohne Stufen, bietet.
Bei den Bauprojekten hat der Konzern bereits damit begonnen, die zeitliche Abfolge der Vorhaben zu überprüfen. Eine vor einer Woche bekannt gewordene Liste der neuen Infrastrukturgesellschaft DB InfraGo zeigt, dass die Sanierung des bestehenden Netzes dem Ausbau vorgezogen wird.
«Die Bauprojekte für 2024 und 2025 halte ich für weitgehend gesichert. Schwieriger wird es bei den Projekten für 2026 und die weiteren Jahre», sagte EVG-Chef Burkert. Die Politik müsse nun überlegen, «ob man das so laufen lässt mit den Einsparungen und den Projekten, die möglicherweise wegfallen». Grundsätzlich sei es aber richtig, jetzt zu sagen, welche Projekte umgesetzt werden und welche nicht. «Jedem muss klar sein, was unter Umständen wegfällt», sagte Burkert.
Milliardenlöcher stopfen
Infolge eines Urteils des deutschen Bundesverfassungsgerichts musste die Regierung im Haushalt 2024 sowie im Klima- und Transformationsfonds Milliardenlöcher stopfen. Der Bahn waren ursprünglich bis zu 45 Milliarden Euro zugesagt worden, um in den kommenden Jahren die Infrastruktur fit zu machen. Gut ein Drittel davon ist noch nicht gesichert.
Laut der Priorisierungsliste der DB InfraGo sind beispielsweise 773 Millionen Euro für einen neuen Güterverkehrskorridor von Uelzen nach Halle aktuell nicht abrufbar. Die deutsche Ampel-Koalition hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, deutlich mehr Güter auf die Schiene zu verlagern.
Ebenfalls nicht abrufbar sind laut dem Schreiben rund 16 Millionen Euro für die Digitalisierung der S-Bahn in Hamburg. Laut Planung sollte ein digitales Stellwerk künftig die Kapazität der S-Bahn erhöhen. Auch die Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse in Brandenburg steht auf der Prioritätenliste auf den hinteren Plätzen. Das Projekt sollte helfen, das Tesla-Werk in Grünheide besser an den Güterverkehr anzuschliessen.
Planungen würden bei allen Projekten fortgesetzt
Die Bahn und das Verkehrsministerium in Berlin betonten zuletzt, dass diese Projekte nicht gestrichen seien. Das sei auch nicht vorgesehen. Die Planungen würden bei allen Projekten fortgesetzt, um Verzögerungen zu vermeiden, bis die Finanzierung vollständig geklärt sei, hiess es von der Bahn. Ohne mehr Geld dürfte sich die Umsetzung dieser Projekte aber dennoch deutlich verzögern.
EVG-Chef Burkert warnte unterdessen, die Erlöse bei einem möglichen Verkauf der Logistiktochter Schenker in die Infrastruktur zu stecken. «Das Geld, was beim möglichen Verkauf von Schenker erlöst wird, muss komplett in den Schuldenabbau gesteckt werden», sagte Burkert. «Es besteht sonst die Gefahr, dass die Bahn mit dem Verkauf in den Kredit-Ratings absinkt. Und dann drohen höhere Zinsen.» Ein Ratingpunkt entspreche in diesem Fall mehreren Hundert Millionen Euro an Zinsen. Die Bahn will Schenker verkaufen. Im vergangenen Jahr wurde ein Bieterverfahren eingeleitet.