Emmanuel Macron legt EU Neugründung auf Eis
Nach seiner Wahl verkündete der französische Präsident Emmanuel Macron, er wolle Europa «neu gründen». Mit diesem Vorhaben kommt er nur schleppend voran.
Das Wichtigste in Kürze
- Die versprochene «Neugründung Europas» von Macron stockt.
- Manche seiner Vorschläge sind gar aus der europäischen Agenda verschwunden.
Nichts weniger als eine «Neugründung Europas» hat der französische Präsident Emmanuel Macron vor einem Jahr in seiner Rede an der Pariser Sorbonne-Universität angekündigt. Dafür ist er im Mai mit dem Aachener Karlspreis ausgezeichnet worden. Doch zum Jahrestag seiner Rede am 26. September fällt die Bilanz ernüchternd aus. Einige Vorschläge liegen auf Eis, andere kommen nur schleppend voran. Ein Überblick:
Stockende Reform der Eurozone
In seiner Sorbonne-Rede hat Macron einen Finanzminister und ein eigenes Budget für die Eurozone vorgeschlagen. Die Idee für den Minister ist in der Schublade verschwunden; über den Haushalt hat Macron dagegen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Einigung erzielt, die er für «historisch» hält. Mindestens acht andere EU-Länder lehnen das Meseberger Abkommen vom Juni aber ab.
Keine ständigen Einsatztruppen
Macrons Vorschläge für ein Europa der Verteidigung sind deutlich zusammengeschrumpft: Frankreich, Deutschland und sieben weitere Staaten einigten sich zwar im Juni auf eine «europäische Interventionsinitiative» und eine bessere Abstimmung ihrer Generalstäbe. Ständig einsatzbereite Truppen wie von Macron gefordert hat diese jedoch nicht.
Streit um Flüchtlinge
Die Migrationspolitik bleibt trotz Macrons Appellen einer der Zankäpfel der Europäischen Union. Beim EU-Gipfel in Salzburg (Ö) in der vergangenen Woche konnten sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine Stärkung der Grenzschutzbehörde Frontex einigen, da Länder wie Ungarn auf ihrer nationalen Zuständigkeit bestehen. Auch um die Reform der Asylpolitik wird weiter erbittert gestritten.
Zweifel an «mehr Demokratie»
Ursprünglich wollte Macron vor der Europawahl im Mai in allen Mitgliedstaaten «demokratische Konvente» abhalten, um Bürger Vorschläge machen zu lassen. Diese wurden dann in Frankreich zu «Bürgerkonsultationen» abgespeckt, für die Anhänger der Präsidentenpartei sechs Monate lang von Haus zu Haus ziehen. In anderen EU-Ländern droht die Initiative ins Leere zu laufen, wie Nichtregierungsorganisationen beklagen.
Deutsche Bedenken bei der Digitalsteuer
Eigentlich wollte Macron den deutsch-französischen «Motor» in der EU wieder flott machen. Doch bei einigen Themen bremst ausgerechnet Berlin. So etwa bei der geplanten Digitalsteuer für grosse Internet-Konzerne wie Google und Amazon. Da Deutschland offenbar weitere Reibereien mit den USA fürchtet, schlägt Frankreich nun eine Verfallsklausel für die Steuer vor, um doch noch eine Einigung bis Jahresende zu erreichen.
Neuer Elysée-Vertrag
Auf «gutem Weg» ist dagegen nach Angaben aus Berlin und Paris ein neuer Vertrag zur deutsch-französischen Partnerschaft. Der neue Elysée-Vertrag sieht unter anderem mehr Zusammenarbeit in Grenzregionen und regelmässige Sitzungen eines Mini-Parlaments mit 50 Abgeordneten vor. Er soll voraussichtlich am 22. Januar 2019 besiegelt werden – 56. Jahre nachdem Bundeskanzler Konrad Adenauer mit Frankreichs Präsident Charles de Gaulle den historischen Freundschaftsvertrag schloss.