Prozess gegen verurteilten Hochstapler: «Bin trotzdem Arzt»

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Deutschland,

Immer wieder gelingt es einem 37-Jährigen, als Arzt zu arbeiten. Dabei hat der Mann keine Zulassung. Selbst eine Verurteilung kann ihn nicht stoppen. Nun steht er wieder vor Gericht.

Mit gefälschter Zulassung soll ein 37-Jähriger gleich mehrfach in Kliniken und Praxen als Arzt gearbeitet haben. Foto: Hauke-Christian Dittrich
Mit gefälschter Zulassung soll ein 37-Jähriger gleich mehrfach in Kliniken und Praxen als Arzt gearbeitet haben. Foto: Hauke-Christian Dittrich - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Er beschwört Gott, fleht um Nachsicht und nennt den Richter «Chef»: Mit einem ungewöhnlichen Auftritt des Angeklagten hat am Montag vor dem Kasseler Landgericht der Prozess gegen einen falschen Arzt begonnen.

Der 37-Jährige soll sich mehrfach mit gefälschten Dokumenten erfolgreich in einer Praxis und Kliniken beworben haben. Selbst eine Gefängnisstrafe konnte den wegen ähnlicher Vergehen bereits verurteilten Hochstapler nicht aufhalten. Zum Prozessauftakt erklärt er: «Ich bin trotzdem Arzt, ich schwöre bei Gott.»

Laut Anklage ist an dem Mann wenig echt: Zulassungen, Bescheinigungen über Promotionsverfahren, Zeugnisse, Sprachkursteilnahme, Unizertifikate - diese bei Kliniken und Praxen vorgelegten Dokumente sollen gefälscht gewesen sein. In Deutschland hätte der ausreisepflichtige Mann aus Libyen nicht mehr sein dürfen - doch er legte eine gefälschte Aufenthaltsbescheinigung vor. Ob er eine im Ausland abgeschlossene ärztliche Ausbildung hat, blieb unklar. Bei einer Kenntnisprüfung in Deutschland fiel er laut Gericht durch.

Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft erschlich sich der Mann zwischen Oktober 2017 und Mai 2018 Anstellungen als Arzt in einer Kasseler Praxis, in einem Krankenhaus in Melsungen und über einen Personalservice liess er sich in eine Klinik in Kemnath (Bayern) vermitteln. Vorgeworfen werden ihm gewerbsmässige Urkundenfälschung, Betrug, versuchte gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Strassenverkehrsgefährdung, Beleidigung und Sachbeschädigung.

Wie der Libyer es wiederholt schaffte, Personalchefs und Mediziner zu täuschen, blieb angesichts seines Auftritts vor Gericht offen: Wild gestikulierend und in gebrochenem Deutsch warf er mehr Fragen auf, als er beantwortete. So räumte der Mann Vorwürfe ein, bestritt sie aber kurz darauf wieder: «Kann sein, glauben Sie mir, mein Kopf nicht gut.» Das Gericht sprach er immer wieder mit «Guck mal!» und «Chef» an.

Zweimal flehte der 37-Jährige minutenlang um Nachsicht. Seine drei Kinder brauchten ihren Vater. Er habe aus Fehlern gelernt. Tatsächlich hatte der Mann laut Staatsanwaltschaft aber noch als falscher Arzt gearbeitet, als er wegen ähnlicher Vergehen bereits zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden war. Er hatte sich gegen das Urteil gewehrt und so einen Aufschub erreicht, den er offenbar für neuen Betrug nutzte. Nun sitzt er in Haft.

Dass keine Menschen zu Schaden kamen, war laut Staatsanwaltschaft Zufall: Einem 20 Tage alten Baby soll er ein Durchfallmittel für ältere Kinder verschrieben haben. Einer Nachbarin der Mutter fiel das rechtzeitig auf. In einem anderen Fall bemerkte eine Krankenschwester Fehler beim Anschliessen einer Blutkonserve. Gleich dreimal soll er zudem versucht haben, im Streit einen Verteiler von Pizzawerbung zu überfahren - laut Staatsanwaltschaft mit falschen Kennzeichen.

Bis Ende Juli sind drei weitere Verhandlungstermine angesetzt. 29 Zeugen sollen gehört werden.

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