Die deutschen Wirtschaftsvertreter stehen dem EU-Gaspreisdeckel kritisch gegenüber. Dieser gefährde die Versorgungssicherheit in Europa, argumentieren sie.
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Die deutsche Industrie hat wegen des EU-Gaspreisdeckels Bedenken. - Marijan Murat/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU-Staaten haben sich auf einen Gaspreisdeckel geeinigt.
  • Die deutschen Industrievertreter haben jedoch Bedenken.
  • Der Schutzmechanismus könne nach hinten losgehen, kritisieren sie.
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Bei besonders hohen Gaspreisen schreitet die EU künftig ein. Doch deutsche Wirtschaftsvertreter haben nach wie vor Bedenken, der Schutzmechanismus könne nach hinten losgehen.

«Gaspreisdeckel lösen keine Versorgungskrise, sondern riskieren grundsätzlich die Versorgungssicherheit in Europa», sagte Holger Lösch am Dienstag. Er ist der Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Gas gehe in die Regionen, die bereit seien, die durch die Gasknappheit hervorgerufenen Preise zu bezahlen.

Die EU-Staaten hatten sich am Montag darauf geeinigt, den Gaspreis im europäischen Grosshandel unter bestimmten Bedingungen zu begrenzen. Das, wenn er 180 Euro pro Megawattstunde am Handelsplatz TTF übersteigt. Wird der Mechanismus ausgelöst, wird der Preis bei maximal 35 Euro pro Megawattstunde über dem internationalen Preis für Flüssiggas gedeckelt. Das Vorhaben betrifft grundsätzlich Grosskunden, die am TTF handeln – nicht Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung.

Die Bundesregierung hatte sich lange wegen Bedenken bei der Versorgungssicherheit gegen den Preisdeckel gesträubt, stimmte letztlich aber zu.

EU-Gaspreisdeckel: «Folgewirkungen kaum vorherzusehen»

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht die Bedenken aber nicht ausgeräumt: «Der von den EU-Energieministern beschlossene Marktkorrekturmechanismus ist ein starker Eingriff. Dessen Folgewirkungen sind kaum vorherzusehen, ohne dass sein Nutzen eindeutig belegt ist», erklärte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae. Der Gaspreisdeckel könne die Lage bei der Gasversorgung weiter verschärfen. Das, weil er Europas Wettbewerbssituation schwäche und LNG-Lieferanten in Asien möglicherweise höhere Preise erzielen könnten.

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Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des (BDEW), Kerstin Andreae. - keystone

Auch der Verband der Familienunternehmen meldete Bedenken an. «Wenn man die Marktwirtschaft ausschalten will, geht das meist nach hinten los», erklärte Hauptgeschäftsführer Albrecht von der Hagen.

Der Preisdeckel signalisiere den Märkten, dass Gas in der EU kein knappes Gut sei. Das Gegenteil aber sei der Fall. Im schlimmsten Fall komme Europas Wirtschaft dadurch zum Stillstand.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen begrüsst

Die Märkte schienen durch den Beschluss zunächst allerdings nicht beunruhigt. Der Gaspreis am TTF stieg am Tag nach der Entscheidung nicht wie teils befürchtet an, sondern sank leicht. Er lag am Dienstagmittag bei ungefähr 105 Euro pro Megawattstunde. Am Montag kostete das Gas dort 108 Euro pro Megawattstunde.

Die Verbände begrüssten, dass der neue Mechanismus an strenge Sicherheitsvorkehrungen gebunden sei. «Der Deckel muss ausgesetzt werden, sobald Risiken für die Energieversorgungssicherheit, die Finanzstabilität oder die Gasflüsse innerhalb der EU entstehen». Das sagte BDI-Vize Lösch. Andreae lobte, dass es statt eines starren Preisdeckels nun eine dynamische, an einen globalen LNG-Referenzpreis gekoppelte Preisobergrenze gebe.

Die Staaten hatten sich auch darauf geeinigt, Gaseinkäufe künftig zu koordinieren und etwa Solar- oder Windanlagen schneller zu genehmigen. BDI-Vize Lösch kommentierte, das sende ein starkes Signal für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz. «Nur eine Erhöhung des Energieangebots kann der Gasknappheit und damit verbundenen hohen Energiepreisen dauerhaft entgegenwirken», sagte er.

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