Der Brexit-Streit stand beim heutigen EU-Gipfel im Fokus. Während die EU weiter verhandeln will, zieht Grossbritannien ein Abbruch der Gespräche in Erwägung.
Sitzungssaal im Brüsseler Europa-Gebäude
Sitzungssaal im Brüsseler Europa-Gebäude - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Brexit-Handelspakt war beim heutigen EU-Gipfel das Hauptthema.
  • Die EU will weiter verhandeln, Johnson drohte mit einem Abbruch der Gespräche.
  • Nebst dem Brexit-Streit standen auch das Klimaziel und das Coronavirus auf der Agenda.
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Im Streit über ein Brexit-Handelsabkommen mit Grossbritannien zeigt die Europäische Union klare Kante. «Wir wollen ein Abkommen, aber nicht um jeden Preis», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte klar, dass er keinen Deal zulasten französischer Fischer akzeptieren werde. Die EU will aber weiter verhandeln - während Grossbritannien den Abbruch der Gespräche in Erwägung zieht.

Neben dem Brexit-Streit standen auf der Gipfel-Agenda eine Debatte über die Verschärfung des EU-Klimaziels sowie die mit Macht zurückgekehrte Corona-Krise.

Brexit im Fokus

Zudem wollten die Staats- und Regierungschefs den Erdgasstreit mit der Türkei und den Ausbau der Beziehungen mit Afrika beraten. Zu Beginn ging es um die stockenden Verhandlungen mit dem Europaparlament über den EU-Haushaltsrahmen und das Corona-Aufbaupaket. Hier stellte Parlamentspräsident David Sassoli Nachforderungen, die laut Diplomaten einhellig zurückgewiesen wurden.

Brexit Johnson
Boris Johnson, Premierminister von Grossbritannien, hält eine Rede zu den britischen Eckpunkten der zukünftigen Verhandlungen. - dpa

Das wohl grösste Kopfzerbrechen bereitet den EU-Staaten aber vorerst der drohende wirtschaftliche Bruch mit Grossbritannien. Zum Jahresende scheidet das Vereinigte Königreich aus dem Binnenmarkt und der Zollunion aus. Der anvisierte Handelspakt soll Zölle und andere Handelshemmnisse verhindern, doch er ist längst nicht fertig.

Der britische Premier Boris Johnson hatte eine Einigung bis 15. Oktober verlangt. Er will nach dem Gipfel entscheiden, ob er die Verhandlungen auch in den nächsten Wochen weiter führt.

«Es lohnt sich alle Mühe»

Merkel sagte, man müsse zu einer fairen Vereinbarung kommen, von der beide Seiten profitieren könnten. «Es lohnt sich alle Mühe.» EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen lobte, es sei schon viel gute Arbeit geleistet worden.

Zwei entscheidende Punkte seien aber offen: die Frage gleicher Wettbewerbsbedingungen im Gegenzug für britischen Zugang zum EU-Binnenmarkt sowie die Fischerei-Rechte.

Macron
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, trifft zu einem EU-Gipfel im Gebäude des Europäischen Rates ein. - dpa

Vor allem Frankreich verlangt mit Nachdruck, dass EU-Fischer weiter in britischen Gewässern fangen dürfen. «Auf keinen Fall dürfen unsere Fischer die Opfer des Brexits sein», sagte Macron und betonte ebenfalls: «Es wird nicht um jeden Preis eine Einigung geben.»

Mehrere Staats- und Regierungschefs äusserten aber Zuversicht, dass ein Deal möglich sei, so etwa Estlands Ministerpräsident Jüri Ratas.

Elf Staaten unterstützen EU-Klimaziel

Mit Blick auf das anvisierte neue EU-Klimaziel ergriffen elf der 27 Staaten vor dem Gipfel die Initiative. Sie stellten sich ausdrücklich hinter den Vorschlag der EU-Kommission. Dieser besagt, dass Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 gesenkt werden.

Dafür signalisierte auch Merkel erneut Unterstützung. Es wäre wichtig, wenn sich die EU-Mitgliedstaaten bis Dezember gemeinsam zu diesem Ziel bekennen würden. Dies sagte die CDU-Politikerin.

EU-Gipfel
Inmitten der Corona-Pandemie treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union persönlich zu einem zweitägigen Gipfel, um Themen wie Brexit, Klima und Beziehungen zu Afrika zu diskutieren. - dpa

«Deutschland wird das jedenfalls tun.» Bisher gilt als Ziel für 2030 minus 40 Prozent.

Einige EU-Staaten sind noch skeptisch, darunter Polen, das stark auf Kohle angewiesen ist. Auch der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis sagte, sein Land werde eine so starke Reduzierung der Treibhausgase nicht schaffen. Er sei aber nicht grundsätzlich gegen das 55-Prozent-Ziel, wenn andere Staaten mehr Reduktion übernähmen.

EU-Ratschef Charles Michel sagte, nun müsse man sehen, welche «Bausteine» nötig seien, um alle EU-Staaten von dem 55-Prozent-Ziel zu überzeugen. Es geht unter anderem um Finanzhilfen für den Umbau der Wirtschaft.

Klimaschutz sei enorm wichtig, sagte Michel. Mit dem neuen Klimaziel will die EU dazu beitragen, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen. Die gefährliche Überhitzung der Erde soll damit gestoppt werden.

Bekämpfung des Coronavirus

Sehr besorgt zeigte sich Michel wegen der stark steigenden Corona-Zahlen überall in Europa. Mit dem Thema werde sich der Gipfel am Freitag eingehend befassen. Ziel sei eine engere Koordinierung unter anderem bei der Kontaktnachverfolgung und bei Quarantäneregeln. So soll die Ausbreitung des Virus begrenzt werden.

EU-Gipfel
EU-Ratschef Charles Michel beim EU-Gipfel in Brüssel. - Keystone

Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte der Agentur Ritzau, auch der Gipfel hätte besser online statt vor Ort stattgefunden. Tatsächlich musste von der Leyen das Ratsgebäude gleich nach Auftakt wieder verlassen. Nachdem jemand aus ihrem Stab positiv getestet wurde, begab sich die 62-jährige in Quarantäne.

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