Schweiz soll für Erasmus plus rund 170 Mio. Franken zahlen
Eine Assoziierung der Schweiz an Erasmus+ ab 2027 würde rund dreimal mehr kosten als die nationale Lösung, böte aber deutlich breiteren Zugang zum Programm.

Die Teilnahme am EU-Bildungsprogramm Erasmus plus kostet die Schweiz bei einer Assoziierung ab 2027 gut dreimal mehr als die bisherige nationale Lösung. Gemäss der zuständigen Bundesbehörde ermöglicht eine Assoziierung einen breiteren Zugang zu den Programmaktivitäten.
Um im Jahr 2027 an Erasmus plus teilzuhaben, müsste die Schweiz 181,1 Millionen Euro (rund 170 Millionen Schweizer Franken) bezahlen. Dies war Unterlagen der Europäischen Kommission zum Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) über die Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen zu entnehmen. Der Bundesrat strebt eine solche Assoziierung an, wie er zu einem früheren Zeitpunkt mitteilte.
Mehr Kosten, mehr Chancen
«Der Preis ist hoch, aber das Angebot ist viel umfangreicher als das einer Schweizer Lösung», sagte Olivier Tschopp, Direktor von Movetia, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. Movetia ist die nationale Agentur zur Förderung von Austausch und Mobilität im Bildungsbereich. Sie wird durch den Bund finanziert.
Entgegen der «landläufigen Meinung» sei Erasmus plus nicht nur ein Mobilitätsprogramm für Studierende der Hochschulen, sondern ein umfassendes Bildungsprogramm, das alle Bildungsstufen umfasse, sagte Tschopp weiter. Zudem beinhalte es auch die Berufsbildung, die ausserschulische Jugendarbeit und den Sport.
Für die sogenannte Schweizer Lösung wendet der Bund für das laufende Jahr 54,7 Millionen Schweizer Franken auf, wie eine Sprecherin des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Keystone-SDA sagte. Der grösste Teil davon fliesse an Movetia. Rund zwei Prozent würden an weitere Organisationen gehen.
SBFI: Schweiz aktuell nur eingeschränkt an Erasmus plus beteiligt
Ebenfalls das SBFI schrieb, dass die Ersatzmassnahmen inhaltlich viel beschränkter seien als das Spektrum der Aktivitäten, die im Rahmen einer Vollassoziierung an Erasmus plus genutzt werden könnten. Die Schweiz habe zurzeit nur zu einem von 52 Aktivitätstypen des Programmes uneingeschränkten Zugang.
An einem Drittel der Aktivitäten könne die Schweiz unter gewissen Bedingungen teilhaben. Die restlichen zwei Drittel seien ganz blockiert. Darunter falle die Mobilität von Studierenden oder Berufslernenden. Diese Lücke wird hauptsächlich von Movetia gedeckt.
Die Schweiz wurde 2021 nach dem Scheitern der Verhandlungen für ein institutionelles Rahmenabkommen von EU-Programmen wie Erasmus plus ausgeschlossen. Seither ersetzt der Bund das wegfallende Programm. Durch den Abschluss der Verhandlungen für ein neues Abkommen im Dezember 2024 ist eine Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen erneut möglich.
Abkommen liegt öffentlich auf, Ratifizierung ausstehend
Das Abkommen über die Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen wurde Anfang April von beiden Seiten vorläufig unterzeichnet. Seither liegt es öffentlich auf. Es ist Teil des breiten Abkommenspakets, das im vergangenen Jahr zwischen dem Bundesrat und der EU-Kommission verhandelt wurde. Die vorläufige Unterzeichnung der restlichen Abkommen sowie die Ratifizierung stehen noch aus.
Damit die Schweiz ab 2027 am EU-Bildungsprogramm teilnehmen kann, muss der Bund den finanziellen Forderungen der Europäischen Kommission nachkommen. Dafür sehe der Bundesrat vor, den Finanzierungsbeschluss zu Erasmus plus dem Parlament im Rahmen der Botschaft zum Gesamtpaket Schweiz-EU vorzulegen, hiess es vonseiten des SBFI weiter.
Laufzeit bis Ende 2027
Erasmus plus hat eine Laufzeit bis Ende 2027. Geplant ist ein Nachfolgeprogramm, das von 2028 bis 2034 Anwendung finden soll. Damit die Schweiz über die gesamte Dauer daran teilnehmen kann, muss das verhandelte Abkommen mit der EU vor Ende 2028 in Kraft treten, wie Unterlagen der EU-Kommission zu entnehmen ist.
Dies, weil das Abkommen eine Verfallsklausel enthalte. Diese sehe vor, dass die vorläufige Anwendung des Abkommens ende, wenn die Schweiz ihre für das Inkrafttreten des Pakets erforderlichen Verfahren nicht bis Ende 2028 abschliesse.