EU plant Konzept für klimafreundliche Agrarreform bis Herbst
Die gesamte EU soll klima- und umweltfreundlicher werden, auch die Landwirtschaft. Unter deutscher Leitung beraten die Agrarminister über Vorschläge der EU-Kommission. Ministerin Klöckner mahnt: Wer hohe Ziele hat, muss dafür auch Geld ausgeben.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bis zum Herbst ein Konzept für die Reform der Agrarpolitik auf die Beine stellen.
Nach Beratungen mit ihren Kollegen in Brüssel sagte die CDU-Politikerin, die «überwiegende Mehrheit» der Mitgliedsstaaten unterstütze die Ziele des Green Deal, der auch die Produktion von Nahrungsmitteln in der EU klima- und umweltfreundlicher machen soll. Es gebe ein «grundsätzliches Ja für die Richtung». Viele sähen darin Chancen, es gebe aber auch viele Fragen.
Unter anderem sei es um die Finanzierung gegangen, sagte Klöckner. «Mehr Umweltschutz, mehr Nachhaltigkeit, mehr Tierschutz kostet mehr Geld, und es wird nicht immer nur an der Theke beim Verbraucher zu erzielen sein.» Wenn man nicht wolle, dass die Produktion nicht mehr wettbewerbsfähig sei und in Staaten ausserhalb der EU abwandere, müsse man diese Wünsche «finanziell hinterlegen».
Klöckner leitete erstmals während der deutschen Ratspräsidentschaft Verhandlungen der EU-Agrarminister. Neben der «Vom-Hof-auf-den-Teller»-Strategie für eine nachhaltigere Ernährung, die zum Green Deal gehört, geht es vor allem um die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, über die es seit Monaten zähen Streit gibt.
Etwa 58 Milliarden Euro an Fördergeldern - rund 40 Prozent des EU-Budgets - fliessen derzeit jedes Jahr in den Agrarsektor. Das ist mit Abstand der grösste Posten im EU-Haushalt. Ein Grossteil geht dabei als Direktzahlungen an die Bauern, diese Summe richtet sich in erster Linie nach der Grösse der bewirtschafteten Fläche. Zudem gibt es Fördergelder für die Entwicklung des ländlichen Raums. Der WWF forderte, dass mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen verbindlich für die Förderung von Umweltmassnahmen auf dem Acker und im Stall bereitgestellt werden sollten.
Die EU-Kommission will den Staaten mehr Freiheiten geben, wie sie Ziele wie Naturschutz, Klimaschutz und die Sicherung der Lebensmittelqualität erreichen. Dazu sollen sie jeweils nationale Pläne erstellen, die von der EU-Kommission genehmigt werden müssten. Umstritten sind unter anderem die Kriterien dafür. Ausserdem ist vorgesehen, die Agrarfördergelder etwas zu reduzieren - dagegen wehrt die Branche sich entschieden.
Die «Vom-Hof-auf-den-Teller»-Strategie nimmt die gesamte Produktionskette von Lebensmitteln in den Blick. Die Pläne sehen unter anderem vor, dass der Einsatz gefährlicher oder schädlicher Pflanzenschutzmittel innerhalb von zehn Jahren halbiert wird. Ausserdem sollen bis 2030 mindestens 20 Prozent weniger Dünger benutzt und der Verkauf antimikrobieller Mittel wie Antibiotika etwa für Nutztiere um 50 Prozent reduziert werden. Zudem soll der Ausbau des Ökolandbaus EU-weit auf 25 Prozent bis 2030 erfolgen.
Die EU-Kommissarin für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Stella Kyriakides, sicherte den Staaten zu, dass keine Vorgaben gemacht würden, ohne dass zuvor die möglichen Folgen geprüft würden.
Als Ziele für die Zeit der EU-Ratspräsidentschaft nennt das Bundeslandwirtschaftsministerium unter anderem ein europaweit einheitliches, leicht verständliches Nährwert-Kennzeichnungssystem und ein europäisches Tierwohlkennzeichen, um Verbrauchern beim Einkaufen mehr Orientierung zu geben. Auch eine klarere Kennzeichnung der regionalen Herkunft sei ein Thema, sagte Klöckner.