Der Iran wird nach eigenen Angaben noch im Juni die im internationalen Atomabkommen festgelegte Menge von angereichertem Uran überschreiten.

Das Wichtigste in Kürze

  • EU-Staaten schliessen sich US-Schuldzuweisungen an Teheran nicht an.
Ad
Der Schwerwasserreaktor im iranischen Arak
Der Schwerwasserreaktor im iranischen Arak - ISNA/AFP/Archiv

Voraussichtlich in zehn Tagen werde die zulässige Menge von 300 Kilogramm erreicht, erklärte die iranische Atomenergiebehörde am Montag. Damit erhöht Teheran den Druck auf die Europäer, mehr für die Umsetzung der wirtschaftlichen Seite des Atomabkommens zu tun. Deutschland, Grossbritannien und Frankreich warnten den Iran vor einem Verstoss gegen das Abkommen.

US-Präsident Donald Trump war vor gut einem Jahr aus dem Atomabkommen von 2015 ausgestiegen und hatte neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. Die anderen Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China wollen zwar an dem Abkommen festhalten, haben aber nicht verhindern können, dass sich zahlreiche Unternehmen aus Angst vor den US-Sanktionen aus dem Iran zurückgezogen haben.

Teheran forderte seit Monaten, dass die verbliebenen Vertragspartner mehr dafür tun, damit der Iran den versprochenen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Abkommen ziehen kann. Im Mai drohte Irans Präsident Hassan Ruhani, andernfalls fühle sich auch der Iran nicht länger an die Vereinbarung gebunden.

Als ersten Schritt kündigte Ruhani an, die Obergrenzen für die Menge angereicherten Urans und schweren Wassers nicht länger einzuhalten. Der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde, Behrus Kamalwandi, sagte am Montag, sollten die Vertragspartner ihre Verpflichtungen erfüllen, könne der Iran die Überschreitung der Uranmenge auch wieder «revidieren».

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) warnte den Iran davor, gegen das Abkommen zu verstossen. «Eine einseitige Reduzierung der eigenen Verpflichtungen werden wir ganz sicher nicht akzeptieren», sagte Maas nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg. Alle Seiten müssten sich an die Verpflichtungen aus dem Atomabkommen halten.

Maas wollte sich nicht konkret zu einer möglichen Reaktion der EU bei einem Verstoss äussern. «Das werden wir sehen», sagte er. Die EU wolle abwarten, wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) dies bewerte.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bedauerte die Ankündigung Teherans. Der Iran müsse seine Verpflichtungen erfüllen und sich «geduldig und verantwortungsvoll» verhalten, forderte Macron in Paris.

Ein britischer Regierungssprecher sagte, die drei europäischen Vertragspartner hätten «immer wieder» klargemacht, dass die Einhaltung des Abkommens nicht «reduziert» werden dürfe.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte dagegen, bei einer Verletzung des Abkommens sofort Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Falls Teheran seine Drohungen wahrmache und das Atomabkommen verletze, müssten die zuvor vereinbarten Sanktionen verhängt werden, sagte Netanjahu in Jerusalem.

Seit Trumps Ausstieg aus dem Abkommen haben die Spannungen zwischen den USA und dem Iran deutlich zugenommen. Die US-Regierung hatte den Iran auch für die mutmasslichen Angriffe auf zwei Tanker im Golf von Oman am Donnerstag verantwortlich gemacht. Der Iran wies die Anschuldigungen zurück und deutete eine Verantwortung der USA an.

Die EU-Staaten äusserten sich bei dem Aussenministertreffen in Luxemburg zurückhaltend zu den US-Schuldzuweisungen an den Iran. Maas sagte, er kenne die Einschätzungen der USA und Grossbritanniens zu den Angriffen. Deutschland wolle aber noch weitere Informationen sammeln. Alle seien aufgerufen, «ihren Teil zur Deeskalation beizutragen».

Mehrere EU-Aussenminister stellten sich daher hinter die Forderung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres nach einer unabhängigen Untersuchung. Bei einer «echten Untersuchung» müssten «alle Fakten auf den Tisch kommen», sagte der finnische Aussenminister Pekka Haavisto.

Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn zog einen Vergleich zur Lage vor dem US-Angriff auf den Irak 2003. Die USA hatten damals angebliche Beweise für die Entwicklung von biologischen und chemischen Waffen durch den Irak vorgelegt, die sich später als falsch erwiesen. Europa müsse alles tun, «damit die Bremse gezogen wird», sagte Asselborn.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Donald TrumpAngstHassan RuhaniHeiko MaasEUEmmanuel MacronBenjamin NetanjahuRegierungAntonio Guterres