EU-Strommarktreform soll Konsumenten schützen
Konsumentinnen und Konsumenten in der Europäischen Union sollen künftig besser vor ausufernden Strompreisen geschützt sein.
Der Ministerrat nahm am Dienstag in Brüssel Pläne für die Reform des europäischen Strommarkts abschliessend an, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.
Neben stabileren Preisen soll mit den Neuerungen auch der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Belgiens Energieministerin Tinne Van der Straeten bezeichnete den Tag als «Meilenstein der EU» auf dem Weg zu einer kohlenstofffreien und grüneren Zukunft.
«Mit der Verabschiedung der Strommarktreform stärken wir die Verbraucher, gewährleisten die Versorgungssicherheit und ebnen den Weg für einen stabileren, berechenbaren und nachhaltigen Energiemarkt», sagte Van der Straeten.
Warum wird der Strommarkt in der EU reformiert?
Wegen extrem gestiegener Strompreise 2022 waren Rufe nach einer Reform des europäischen Strommarktes laut geworden. Grund für die hohen Preise waren unter anderem explodierende Gaspreise wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Auch machte sich bemerkbar, dass zeitweise rund die Hälfte der französischen Atomkraftwerke wegen Defekten oder Wartungen ausfiel.
Ende vergangenen Jahres hatten sich die EU-Staaten mit dem Europaparlament auf die Neuerungen geeinigt, Grundlage war ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Die Reform ziele darauf ab, den Strommarkt «stabiler, erschwinglicher und nachhaltiger» zu machen, hiess es vom Europäischen Parlament nach der Einigung im Dezember.
Wie funktioniert der Strommarkt in der EU?
Der Strommarkt funktioniert nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip, daran ändert sich auch durch die Reform nichts. Dies bezeichnet die Einsatzreihenfolge der an der Strombörse anbietenden Kraftwerke.
Kraftwerke, die billig Strom produzieren, werden zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind zum Beispiel Windkraftanlagen. Am Ende richtet sich der Preis aber nach dem zuletzt geschalteten, also teuersten Kraftwerk – oft Gaskraftwerke.
Was gilt für Verbraucher und Verbraucherinnen?
Verbraucher sollen künftig sowohl ein Recht auf Festpreisverträge als auch auf Verträge mit dynamischen Preisen haben. So könnten Verbraucher sich sowohl für sichere, langfristige Preise als auch für Verträge mit sich verändernden Preisen entscheiden, wenn sie Preisschwankungen ausnutzen wollen – etwa um Strom zu nutzen, wenn er billiger ist für das Aufladen von Elektroautos oder für Wärmepumpen.
Zudem sollen Verbraucher wichtige Informationen über die Optionen, die sie abschliessen, erhalten. Weiterhin sollen Anbieter die Vertragsbedingungen nicht einseitig ändern dürfen. «Damit soll sichergestellt werden, dass alle Verbraucher und auch kleine Unternehmen von langfristigen, erschwinglichen und stabilen Preisen profitieren und die Auswirkungen plötzlicher Preisschocks gemildert werden», hiess es vom Parlament im Dezember.
Auch sollen die Länder den Versorgern verbieten, die Stromzufuhr für schutzbedürftige Kunden zu kappen – auch bei Streitigkeiten zwischen Versorgern und Kunden. Im Falle einer Strompreiskrise, die unter bestimmten Bedingungen von den EU-Ländern ausgerufen werden kann, sollen die Strompreise für schutzbedürftige und benachteiligte Kunden weiter gesenkt werden können.
Wie sollen erneuerbare Energien ausgebaut werden?
Im Mittelpunkt der Reform stehen neue langfristige Verträge zwischen Regierungen und Stromerzeugern, sogenannte Contracts for Difference (CfDs). Mit diesen Differenzverträgen garantieren die Staaten Stromerzeugern einen Mindestpreis für Strom, wenn sie neue Investitionen tätigen. Gelten soll dies für Investitionen in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft und in Kernkraft.
Fällt der Marktpreis unter einen vereinbarten Preis, springt der Staat ein und gleicht die Differenz aus. Liegt der Preis höher, geht der Überschuss an den Staat. Auf diese Weise sollen Anreize für die heimische Erzeugung von sauberem Strom geschaffen werden.
Die nun verabschiedete Strommarktreform muss noch im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden und tritt 20 Tage danach in Kraft. Ab dann gilt sie direkt in allen Mitgliedsstaaten. Für einige Vorschriften allerdings – etwa zum Verbraucherschutz – haben die Länder sechs Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.