Premier Tsipras kündigt Neuwahlen in Griechenland an
Jubel über den «Alexit» auf der einen, Ernüchterung auf der anderen Seite: Ganz Griechenland diskutiert die Entscheidung des linken Premiers Tsipras für Neuwahlen. Die Börse ging schon mal kräftig ins Plus.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Europawahl ist für Griechenland passé - am Tag danach ging es vor allem um die Neuwahlen, die Ministerpräsident Alexis Tsipras angesichts seiner massiven Wahlniederlage angekündigt hatte.
Der konsequente Schritt des linken Premiers nötigte selbst Konservativen und Kritikern Respekt ab. Die Wirtschaft reagierte unverblümt: Im Laufe des Montags stieg der griechische Aktienindex Athex zwischenzeitlich um 6,1 Prozent. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) gilt als wirtschaftsfreundlich. Sie hatte die linke Syriza von Tsipras bei der Europawahl geschlagen.
«Endlich Ende!», jubelte die oppositionsfreundliche Zeitung «Ta Nea». Die Boulevardpresse verkündet den «Alexit», die Tageszeitung «Kathimerini» sah in der Europawahl «ein starkes Signal zum Kurswechsel».
Am Sonntagabend hatte der griechische Premierminister Alexis Tsipras Neuwahlen angekündigt. Seine linke Regierungspartei Syriza war bei der Europawahl auf 23,8 Prozent abgesackt, die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia hingegen kam auf 33,2 Prozent.
Der Premier, da ist die griechische Presse sich einig, hat bei den Wählern vor allem wegen der rabiaten Sparmassnahmen und Reformen verspielt, die er während der vergangenen vier Jahre umgesetzt hat.
Ein Kinderspiel ist die anstehende Wahl, die voraussichtlich am 30. Juni stattfinden wird, für den Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis dennoch nicht. Man dürfe sich jetzt nicht zurücklehnen, sondern müsse den Wählern auch in den kommenden Wochen noch mal genau erklären, wofür die Konservativen stehen, heisst es Medienberichten zufolge aus der Parteizentrale der Nea Dimokratia.
Der konservative Spitzenkandidat steht vor allem für ein wirtschaftsfreundlicheres Klima. Er will Investitionen in Griechenland vereinfachen und die Privatisierung von Staatseigentum vorantreiben.
Bisher scheuten Investoren das Land vor allem wegen der Bürokratie und der hohen Steuern. Mitsotakis will unter anderem die Steuern für Unternehmen von 28 auf 20 Prozent senken. Und zwar in einem Zeitraum von vier Jahren, damit die internationalen Gläubiger des Landes nicht in Sorge geraten. «Nur der Aufschwung bringt uns bessere Löhne und höhere Renten», hatte er am Freitag vor der Europawahl gesagt.
In der Wirtschaft ist diese Nachricht angekommen: Der Börsenindex Athex drehte zwischenzeitlich um 6,1 Prozent ins Plus. Zugleich liess die Aussicht auf Neuwahlen den dortigen Kapitalmarktzins auf ein Rekordtief fallen. Am Montag sank der Zins für griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren bis auf 3,02 Prozent. Das ist der tiefste Stand, der jemals von der Nachrichtenagentur Bloomberg, die zugleich ein Anbieter von Marktdaten ist, gemessen wurde. Die Daten reichen zurück bis ins Jahr 1998.