Expertin warnt vor Putztipps der «Cleanfluencer»
Einige «Cleanfluencer» begeistern mit ihren bezahlten Putztricks Millionen Menschen auf Tiktok und Co. Doch die Videos können auch problematisch sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Tiktok kursieren immer mehr Putz- und Haushaltsvideos.
- Diese können zwar praktisch sein, bergen aber auch einige Gefahren.
- Eine Expertin warnt vor traditionellen Rollenbildern.
Putz mit mir das Bad und probier diesen neuen Trick, um Fugen strahlend weiss zu bekommen. Allein auf Tiktok finden sich unter dem Hashtag #cleantok mehr als vier Millionen Videos mit solchen und ähnlichen Sprüchen. Auch Lea de Bruijn teilt seit etwa einem Jahr Putz- und Haushaltstipps auf Tiktok.
«Die Leute geniessen es, sich diese Videos anzusehen», sagt die 25-Jährige aus dem Ruhrgebiet. «Die Videos motivieren sie auch zum Aufräumen, wenn sie gerade vielleicht keine Lust haben.» Die Follower würden Vertrauen zu den Influencern aufbauen.
«Wenn sie etwas empfehlen, glauben die Follower in der Regel, dass das Produkt gut ist oder der Trick funktioniert.»
Vierstellige Summen pro Video
Ihrem Account @my.cleantok folgen auf Tiktok mehr als 110'000 Abonnenten, auf Instagram unter @leabloomz rund 28'000. In ihrer Nische nennt man die Social-Media-Persönlichkeiten auch Cleanfluencer. Das englische Wort «clean» bedeutet sauber.
De Bruijn hat ihre Leidenschaft, das Putzen, zu ihrem Beruf gemacht. An einem Video arbeitet die Influencerin nach eigenen Angaben etwa acht bis zehn Stunden – und bekommt dafür vierstellige Summen.
«Ich arbeite immer wieder in verschiedenen Kooperationen und bekomme auch zwei bis drei Anfragen täglich», sagt die 25-Jährige. «Da sind kleine, aber auch namhafte Unternehmen dabei.» Ihr Plan: «Bald werde ich meine eigenen Reinigungsprodukte vorstellen und verkaufen.»
Putz- und Haushaltstipps im Internet sehr gefragt
De Bruijn empfiehlt in ihren Videos beispielsweise, Weichspüler auf einen Lappen zu geben und damit über staubanfällige Oberflächen zu wischen. Dadurch könne sich der Staub nicht mehr dort absetzen. Sie zeigt auch, wie sie ihre Fenster mit Shampoo putzt – ohne dabei Streifen zu hinterlassen.
Oft testet die Cleanfluencerin neue Putzprodukte wie Seifen, Schwämme oder Tücher. Da ist es kein Wunder, dass diese Themenblasen nicht nur für Privatpersonen interessant sind.
«Die Unternehmen schauen, was trendet, und wie sie mit ihren Produkten dort aufspringen können», sagt der Marketingexperte Westermann. Das laufe nicht zwingend nur über die Firmen-Accounts.
Für Influencer wie Lea de Bruijn könne so ein lukratives Geschäft entstehen. Mehrere Konzerne planen, ihre Influencer-Kampagnen auszubauen.
Sexismus-Kritik
Neben den wirtschaftlichen Reizen sieht die Psychologin Brigitte Bösenkopf allerdings auch mehrere Probleme in den Putz-Videos.
Der Vergleich der eigenen ungeputzten Wohnung mit denen in den Videos etwa führe zu Frust: «In den sozialen Netzwerken gibt es viele Perfektionisten, die fast schon mit einer klinisch auffälligen Reinlichkeit ihre Wohnung putzen.»
Auch, dass viele der Putzvideos von Frauen gedreht und veröffentlicht werden, sei problematisch: «So können traditionelle Rollenbilder verfestigt werden», sagt Bösenkopf.