EZB bleibt angesichts schwacher Konjunktur auf Niedrigzinskurs
Das Wichtigste in Kürze
- Aufgrund der schwachen Konjunktur hält die EZB an ihrem Billigkurs fest.
- Die Strafzinsen für Privatbanken von 0,4 Prozent bleiben ebenfalls erhalten.
- Mittelfristig strebt die EZB eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an.
Europas Währungshüter halten angesichts wachsender Risiken für die Konjunktur an ihrem Billiggeldkurs fest. Sie verschieben eine mögliche Zinserhöhung mindestens auf die zweite Jahreshälfte 2020.
Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Die Strafzinsen für Privatbanken von 0,4 Prozent bleiben ebenfalls erhalten. Diese müssen sie weiterhin bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.
Dies entschied der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) bei seiner auswärtigen Sitzung am Donnerstag in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Das teilte die Notenbank in Frankfurt mit. Der EZB-Rat tagt üblicherweise mindestens ein Mal im Jahr ausserhalb von Frankfurt.
EZB strebt Teuerungsrate von unter 2 Prozent an
Sparer müssen sich noch länger gedulden, ehe die Zinsen im Euroraum wieder steigen. Geschäftsbanken bekommen frisches Zentralbankgeld bis mindestens Mitte 2020 weiterhin zum Nulltarif.
Bereits beschlossen sind zudem neue Geldspritzen für Banken. Von September 2019 bis März 2021 stellt die EZB jeweils zweijährige Kredite zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung. Im Fachjargon werden sie TLTRO genannt. Ziel ist, die Kreditvergabe zu beflügeln und so Wirtschaftswachstum und Inflation anzuschieben.
Mittelfristig strebt die EZB eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug weg von der Nullmarke. Dauerhaft niedrige oder sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher verleiten, Investitionen aufzuschieben. Das könnte die Konjunktur bremsen.
Schweizerische Nationalbank an EZB-Entscheid interessiert
Im Mai lagen die Verbraucherpreise im Euroraum nach vorläufigen Angaben der Statistikbehörde Eurostat um 1,2 Prozent über dem Vorjahresniveau. Im April war die Inflation mit 1,7 Prozent noch wesentlich höher. Die neuesten Einschätzungen zur Inflations- und Wachstums-Entwicklung in den 19 Euro-Staaten mit der wird EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstagnachmittag veröffentlichen.
Wegen der immensen Kosten der Negativzinsen waren zuletzt Forderungen nach einer Staffelung des Strafzinses oder Freibeträgen lauter geworden. Führende Notenbanker sehen dies jedoch skeptisch. Umstritten ist unter anderem, wie sehr der Negativzins die Geschäfte der Banken bremst.
Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte sich für den Entscheid der EZB interessieren. Dies aufgrund der starken Abhängigkeit der hiesigen Wirtschaft vom Euroraum. Sie wird heute in einer Woche bekannt geben, ob und mit welchen Mitteln sie reagieren wird.