Faktencheck: Sind in Syrien alle IS-Gebiete zurückerobert?

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Syrien,

US-Präsident Donald Trump hat in einer Ansprache vor US-Soldaten behauptet, dass alle Gebiete unter Kontrolle der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zurückerobert worden seien.

SDF
Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer mit den USA verbündeten kurdisch geführten Rebellengruppe, bei einer Patrouille im Dorf Baghus. (Archivbild) Foto: Aboud Hamam - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • BEWERTUNG: Zweifelhaft

AUSSAGE: «Das Gebiet, das Land, wir haben 100 Prozent», sagte Donald Trump auf dem Rückflug aus Vietnam bei einer Zwischenlandung vor US-Soldaten in Alaska.

BEWERTUNG: Zweifelhaft

FAKTEN: Unmittelbar nach den Äusserungen Trumps gab es heftigen Widerspruch von Experten, die die Lage seit Beginn der Offensive gegen den IS beobachten und zum Teil auch selbst vor Ort sind.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien, die ihre Informationen aus einem breiten Netzwerk an Aktivisten und Kämpfern in Syrien bezieht, teilte mit: «Was Trump sagt, stimmt nicht. Einige Höfe in Baghus werden noch von IS-Kämpfern gehalten und wir gehen davon aus, dass auch noch Zivilisten dort sind», sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel-Rahman, der Deutschen Presse-Agentur.

CNN-Reporter Ben Wedeman schrieb auf Twitter: «Ich bin seit 28 Tagen in Syrien und berichte über die Offensive. Ich kann @realdonaldtrump versichern, dass das NICHT der Fall ist.» In seiner Rede in Alaska liess der US-Präsident offen, woher er seine Informationen bezieht.

Am 10. Februar hatten die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) eine Militäroffensive auf den letzten vom IS kontrollierten Ort in Syrien begonnen: Baghus liegt im Osten Syriens am Euphrat und in unmittelbarer Nähe zur Grenze des Iraks.

Relativ schnell konnten die von den Kurden angeführten Truppen den IS auf ein kleines Gebiet zurückdrängen und umzingeln. Zahlreiche Zivilisten, Familienangehörige von IS-Kämpfern und auch IS-Kämpfer selbst wurden seitdem mit Lkw aus dem Gebiet abtransportiert und entweder in Lagern der Kurden untergebracht oder von diesen verhaftet.

Schon am 15. Februar, fünf Tage nach Beginn der massiven Offensive, hatte Trump erklärt, dass das Ende des «Kalifats» in den kommenden 24 Stunden verkündet werde. Eine solche Erklärung blieb bislang aber aus.

Stattdessen erklärten die von Kurden angeführten SDF am Freitag, der Kampf gegen die letzten verblieben IS-Kämpfer in Baghus habe begonnen. Alle Zivilisten seien in Sicherheit gebracht worden. «Jeder, der sich jetzt noch in dem Gebiet befindet, wird als Feind angesehen», sagte Adnan Afrin, ein Sprecher der SDF, der Deutschen Presse-Agentur. In dem von Tunneln und Höhlen durchzogenen Gebiet gebe es noch zahlreiche Selbstmordattentäter. Insgesamt schätzte er die Zahl in Baghus verbliebenen IS-Kämpfer auf 1000 bis 1500.

Zuvor hatten die SDF ein Video veröffentlicht, in dem SDF-Kommandeur Maslum Kobani erklärte, der Sieg über den IS solle in einer Woche verkündet werden. Allerdings war zunächst unklar, wann das Video aufgenommen wurde.

Auch eine Aussage des UN-Syrienbeauftragten Geir Pedersen lässt Zweifel an der Aussage des US-Präsidenten aufkommen: «Nichtsdestoweniger ist der Konflikt weit davon entfernt, zu Ende zu sein», sagte Pedersen ebenfalls am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat. «Der IS ist nahezu besiegt, was das Territorium betrifft. Aber die Erfahrung zeigt, er kann zurückkommen.»

Im Irak hatte die Regierung bereits im vergangenen Jahr den Sieg über die Dschihadisten verkündet. Allerdings kommt es dort weiterhin zu Anschlägen, die der IS für sich reklamiert.

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