Autobomben-Anschlag in Kabul: Dutzende Tote und Verletzte

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Afghanistan,

Eigentlich soll es doch Frieden in Afghanistan geben - von einem möglichen Durchbruch in den Gesprächen ist die Rede. Aber die Taliban verüben einen blutigen Anschlag nach dem anderen. Nun hat es erneut die Hauptstadt Kabul getroffen.

Bei einem erneuten Autobomben-Anschlag sind mindestens 95 Menschen in Kabul verletzt worden. Archivbild: Rahmatullah Alizadah/XinHua Foto: Rahmatullah Alizadah
Bei einem erneuten Autobomben-Anschlag sind mindestens 95 Menschen in Kabul verletzt worden. Archivbild: Rahmatullah Alizadah/XinHua Foto: Rahmatullah Alizadah - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Trotz laufender Gespräche über Wege zu Frieden in Afghanistan dauert die Gewalt im Land unvermindert an. Bei einem Autobomben-Angriff auf ein Polizeigebäude in der Hauptstadt Kabul sind mindestens 14 Menschen getötet und mindestens 145 weitere verletzt worden.

Der Grossteil der Opfer seien Zivilisten, sagte Vizeinnenminister Choschal Sadat am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Nach Angaben des Innenministeriums detonierte die Autobombe am Morgen (Ortszeit) vor dem Eingang des Gebäudes im Westen der Stadt. In der unmittelbaren Umgebung befindet sich auch eine Militärschule.

Bilder in sozialen Medien zeigten enorme Zerstörungen durch die Autobombe. Rund um einen Krater mit mehreren Metern Durchmesser waren zahlreiche massive Betonschutzwände wie Dominosteine umgefallen. Ganze Häuserfronten und Dächer fehlten, mehrere Polizeiautos waren zerstört. 

Der gut vernetzte Journalist Bilal Sarwari twitterte, die Opferzahl sei viel höher als von den Behörden angegeben. Mindestens 43 Menschen seien ums Leben gekommen, schrieb Sarwari unter Berufung auf «mehrere Quellen».

Das Areal, in dem die Autobombe detonierte, ist eng besiedeltes Wohngebiet mit mehreren belebten Märkten. Viele Tagelöhner sitzen in ihren Schubkarren hier auf der Strasse und warten auf Auftraggeber. Es gibt dort wenige Einrichtungen der Regierung. Bilder von Geschäften aus der Gegend zeigten überall am Boden verstreute Güter inmitten von Glasscherben.

Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Ziel sei ein «Rekrutierungszentrum des Feindes» gewesen. Der massive Anschlag warf Fragen bei Afghanen darüber auf, wie ernst es die Taliban mit Frieden wirklich meinen. 

Hochrangige Vertreter der Taliban sprechen seit Juli 2018 mit den USA über eine politische Beilegung des fast 18 Jahre dauernden Konflikts. Aktuell läuft die achte Verhandlungsrunde unter Führung des US-Chefunterhändlers Zalmay Khalilzad im Golfemirat Katar. In den vergangenen Tagen hatten sich beide Seiten optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen.

Laut Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid diskutierte am Mittwoch nur ein Teil der Verhandlungsdelegationen. Ein Komitee arbeite an technischen Fragen. Khalilzad war während der seit Samstag laufenden Runde nach Indien geflogen, werde aber am Mittwochabend wieder in Doha zurück erwartet, hiess es aus informierten Kreisen.

Bei den Gesprächen geht es vor allem um Truppenabzüge sowie Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Die Gespräche sollen in offizielle Friedensgespräche der afghanischen Regierung mit den Taliban münden. Diese verweigern die Taliban bisher, da sie die Regierung als Marionette des Westens betrachten. Auch ein Waffenstillstand wird diskutiert. 

Der Anschlag auf das Polizeigebäude in Kabul war der 16. grössere Angriff in der Hauptstadt Kabul seit Januar. Bei den vorherigen 15 wurden laut Behördenangaben fast 100 Menschen getötet und fast 600 verletzt. Allerdings sind Regierungsbeamte dafür bekannt, Opferzahlen für die Öffentlichkeit gering zu halten. Zu den Angriffen hatten sich teils die Taliban, teils die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt.

Laut Angaben der UN-Mission in Afghanistan (Unama) ist die Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan im Juli signifikant gestiegen. Vorläufigen Ergebnissen zufolge sind mehr als 1500 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Dies sei die höchste Monatszahl seit Mai 2017. Damit wurden allein im Juli fast halb so viele zivile Opfer verzeichnet wie im gesamten ersten Halbjahr 2019.

«Mit der Intensivierung der Friedensbemühungen in den vergangenen Wochen hat auch der Konflikt vor Ort zugenommen», erklärte der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Tadamichi Yamamoto, bei Veröffentlichung der Zahlen Anfang August. Er forderte die Konfliktparteien auf, eine militärische Eskalation zur Verbesserung der Verhandlungsposition in den Friedensgesprächen zu unterlassen.

In der Nacht zu Mittwoch waren schon mehrere Explosionen und wiederkehrende Schusswechsel im Zentrum und Norden Kabuls zu hören. Ein Sprecher des Geheimdienstes NDS, Haris Dschibran, teilte über WhatsApp mit, dass Spezialeinheiten des Geheimdienstes mehrere Einsätze gegen IS-Terroristen in drei verschiedenen Gebieten Kabuls durchgeführt hätten.

Im Zuge der Operationen seien zwei IS-Mitglieder getötet und eine Reihe schwerer Waffen sowie Bomben, Werkzeuge zur Herstellung von Sprengstoffwesten, Sprengstoff und selbst gebastelte Sprengkörper sichergestellt worden. Auch drei Sicherheitkräfte seien ums Leben gekommen.

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