Festnahmen bei Wahlprotesten in Russland gemeldet
Am letzten Tag der Präsidentenwahl in Russland kommt es zu Protestaktionen gegen Kremlchef Wladimir Putin. Dutzende Personen wurden festgenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- In Russland protestieren zahlreiche Menschen gegen die Putin-Wahl.
- Bis zum frühen Sonntagnachmittag kam es zu rund 50 Festnahmen.
- Auch der Oppositionspolitiker Boris Nadeschin nimmt am Protest teil.
Bei kremlkritischen Protestaktionen sind am letzten Tag der viel kritisierten Präsidentenwahl in Russland Bürgerrechtlern zufolge Dutzende Menschen festgenommen worden. Insgesamt zählte die Organisation Ovd-Info bis zum frühen Sonntagnachmittag landesweit rund 50 Festnahmen – fast die Hälfte davon in der Stadt Kasan. Auch Menschen in Moskau und St. Petersburg waren betroffen.
Laut Angaben der «Bild» ist die Zahl der Festnahmen nun bereits auf über 70 gestiegen.
Viele von ihnen wollten sich demnach um exakt 12.00 Uhr Ortszeit vor ihren Wahllokalen in langen Schlangen anstellen, um so ihren Unmut über die vom Machtapparat geplante und von der Opposition als undemokratisch eingestufte Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin zu zeigen.
«Mittag gegen Putin» – auch Oppositionspolitiker Nadeschin beteiligt
Zu dieser Aktion unter dem Motto «Mittag gegen Putin» hatten Oppositionelle aufgerufen, darunter das Team des kürzlich im Straflager ums Leben gekommenen Kremlgegners Alexej Nawalny. Festnahmen gab es den Bürgerrechtlern zufolge auch abseits der Proteste. Eine Aktivistin in St. Petersburg wurde demnach direkt beim Verlassen ihres Hauses von Sicherheitskräften aufgegriffen. Manche Menschen wurden nach einiger Zeit wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen.
Auch der von der Präsidentenwahl ausgeschlossene Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin hat sich an der Protestaktion in Moskau beteiligt. Im Moskauer Institut für Physik und Technik, wo ein Wahllokal ist, wurde er mit grossem Applaus von Studenten empfangen, wie ein von ihm am Sonntag bei Telegram veröffentlichtes Video zeigt. «Ich denke, ihr werdet noch die Chance haben, für mich zu stimmen», sagte er den Versammelten.
Er kündigte die Veröffentlichung eigener Nachwahlbefragungen nach Schliessung der Wahllokale. Deren Ergebnisse unterschieden sich stark von dem, was die Obrigkeit erwartet habe, sagte er.
Die russische Präsidentenwahl, die noch bis Sonntagabend um 19.00 Uhr MEZ läuft, dient vor allem dem Machterhalt Putins, der sich aller Voraussicht nach mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine seine fünfte Amtszeit sichern wird. Echte Oppositionelle sind entweder nicht als Kandidaten zugelassen worden, ins Ausland geflohen oder sitzen im Gefängnis. Ausserdem häufen sich Berichten von Betrug und Manipulation. Unabhängige Beobachter bezeichnen die Abstimmung deshalb als Farce und rufen die internationale Gemeinschaft auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen.