Firmen kommen Nachhaltigkeitsversprechen nicht nach

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Zürich,

Tausende Firmen bekennen sich zu CO₂-Reduktionszielen, doch nicht alle halten ihre Verpflichtungen ein.

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CO2-Emissionen. (Symbolbild) - AFP/Archiv

Tausende Firmen haben sich zu wissenschaftlichen CO₂-Zielen bekannt, doch nicht alle von ihnen kommen diesen Verpflichtungen auch nach. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht von «leeren Versprechen».

Die Science Based Targets Initiative (SBTi) ist eigentlich ein Erfolg. Seit der Gründung vor neun Jahren haben sich ihr über 7400 Unternehmen angeschlossen, 173 davon aus der Schweiz. Sie verpflichten sich zu wissenschaftlichen CO₂-Reduktionszielen. Hinter der Initiative stehen etwa die Umweltschutzorganisation WWF und der UNO-Pakt UN Global Compact.

Die SBTi funktioniert so: Unternehmen verpflichten sich in einem ersten Schritt, Zielwerte für die CO₂-Reduktion auszuarbeiten. Dieses «Commitment» wird auf der Webseite der Initiative öffentlich zugänglich aufgeführt. Viele Firmen kommunizieren ihr Engagement nach aussen.

Die Unternehmen haben in der Folge zwei Jahre lang Zeit, ihre Pläne den Experten der SBTi vorzulegen. Diese überprüfen und validieren die CO₂-Reduktionspläne kostenpflichtig. Stimmt das Resultat, wird der Status auf der SBTi-Webseite auf «validiert» geändert.

Seit rund einem halben Jahr weist die Initiative aus, wie viele Firmen ihr «Commitment» zurückgezogen haben. Derzeit sind das rund 180 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und Ländern. Besonders häufig finden sich Firmen aus der Kleider- und der Lebensmittelbranche darunter.

Unternehmen ziehen ihr «Commitment» zurück

Mit Sulzer hat sich bisher nur eine Schweizer Firma zurückgezogen. Eine Unternehmenssprecherin begründet dies mit dem umfangreichen Aufnahme- und Validierungsprozess. Doch: «Sulzer hat sich indes in keiner Art und Weise von seinen öffentlich kommunizierten CO₂-Reduktionszielen zurückgezogen.»

Ein anderes Beispiel ist der US-Techkonzern Amazon. Auch das von Jeff Bezos gegründete Unternehmen hat letztes Jahr sein «Commitment» zurückgezogen. Auf seiner Webseite begründete der Konzern den Entschluss mit der Komplexität seines Geschäfts, der eine Einreichung der Ziele erschwert habe. Man wolle aber weiter mit der SBTi zusammenarbeiten.

«Ein Commitment ohne fundierte wissenschaftliche Zielsetzung und geeignete Massnahmen zur Umsetzung stellt letztendlich ein inhaltsleeres Versprechen dar», kommentiert Niki Vischer, Fachexpertin Sustainable Finance bei Greenpeace Schweiz. Das möge für Marketingzwecke gut sein, nütze dem Klima aber nichts.

Indem die Initiative öffentlich mache, welche Unternehmen den Verpflichtungen nicht nachgekommen seien, schaffe sie Transparenz, so Vischer. «Dies wiederum ermöglicht, dass Unternehmen für ihre nicht eingehaltenen Versprechen zur Rechenschaft gezogen werden können.»

Auf den Rückzug einiger Firmen angesprochen, sagt eine SBTi-Sprecherin, dass sich derzeit mehr Unternehmen denn je zu wissenschaftlichen CO₂-Reduktionszielen verpflichten. «Die Zahl der im Jahr 2023 validierten Unternehmen hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.»

Es gebe verschiedene Gründe, warum sich Unternehmen ihre Ziele nicht fristgerecht validieren lassen, so die Sprecherin weiter. «Wir begrüssen und ermutigen sie jedoch, jederzeit neue Ziele zur Validierung einzureichen.»

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Urgenda ist eine niederländische Stiftung, die sich für die Umsetzung von nationalen, europäischen und internationalen Umweltschutzvereinbarungen einsetzt. Im Jahr 2013 verklagte Urgenda die Regierung der Niederlande, beziehungsweise den niederländischen Staat vor dem Gericht in Den Haag auf eine stärkere Reduzierung der Emissionen, um die Bevölkerung vor den Folgen der Umweltverschmutzung und des Klimawandels besser zu schützen. Urgenda war damit die erste Nichtregierungsorganisation, der es gelang, eine Regierung vor einem öffentlichen Gericht erfolgreich zu verklagen. Die 2013 eingereichte Klage wurde im Juni 2015 vor dem Den Haager Gericht zugunsten von Urgenda entschieden. Das Gericht beschied, dass der niederländische Staat bis 2020 die CO2-Emissionen um 25% im Vergleich zu 1990 senken muss, und dass die bisherigen Maßnahmen der Regierung nicht ausreichen. Die Regierung ging dagegen mit mehreren Strategien gerichtlich vor, unter anderem wurde argumentiert, das Gericht hätte mit seiner Entscheidung gegen die Gewaltenteilung verstoßen. Im Oktober 2018 bestätigte das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil, unter anderem unter Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention, und hielt damit die Verpflichtung zur CO2-Reduktion um 25% aufrecht. Im Mai 2019 verpflichtete der Staatsrat die Regierung zu weiteren Maßnahmen, unter anderem zu einer Senkung des Tempolimits auf Autobahnen von Tempo 130 auf 100.

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