Frankreich für «erniedrigende Behandlung» von Häftling verurteilt
Das Wichtigste in Kürze
- Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Frankreich verurteilt.
- Wegen «unmenschlicher und erniedrigender Behandlung» eines Häftlings im Jahr 2007.
- Der Häftling hatte mehrere Verletzungen, blaue Flecken und ein 18 cm grosses Würgemal.
- Die Strafe ist eine Entschädigung von 18'000 Euro umgerechnet 19'751 Franken.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Frankreich für die «unmenschliche und erniedrigende Behandlung» eines Häftlings verurteilt. Dieser wurde im Jahr 2007 fast unbekleidet von einem Gefängnis in ein anderes überstellt worden.
Das Gefängnispersonal habe zudem «unverhältnismässige Gewalt» an dem Mann verübt, urteilten die Richter in Strassburg am Donnerstag. Sie ordneten eine Entschädigungszahlung in Höhe von 18'000 Euro umgerechnet 19'751 Franken an.
Der 1981 geborene Häftling aus Lyon war im Juli 2007 in Begleitung von drei Wachleuten verlegt worden. Vom Gefängnis in Salon-de-Provence in eine Haftanstalt in Varennes-le-Grand. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Mann den Richtern zufolge eine Verletzung am Arm. Zuvor soll er «gewalttätiges Verhalten» gezeigt und seine Zelle in Brand gesteckt haben.
«Blaue Flecken im Gesicht, am Hals und am Oberkörper»
Bevor sie den Gefangenentransporter bestiegen hätten, habe einer der Wachleute dem nur mit einem T-Shirt bekleideten Häftling ein Laken gegeben. Damit er sich bedecken konnte, erklärten die Strassburger Richter. Bei der Ankunft im ostfranzösischen Varennes-le-Grand sei der Gefangene «praktisch nackt» gewesen. Er habe lediglich ein Sporttrikot getragen, «das Tuch war ihm von den Schultern gerutscht», kritisierte der EGMR.
Der Gefangene habe zudem «blaue Flecken im Gesicht, am Hals und am Oberkörper» aufgewiesen. Nach eigenen Angaben wurden dem Häftling diese vor der Abfahrt in Salon-de-Provence von den Wachleuten zugefügt worden. Nach einer internen Untersuchung noch am selben Tag sei der für die Verlegung Verantwortliche vorübergehend vom Dienst freigestellt worden.
Im Juli 2012 reichte der Häftling Beschwerde wegen seiner Behandlung durch das Wachpersonal ein. Ein Untersuchungsrichter stellte das Ermittlungsverfahren ein. Auch ein Berufungsgericht und der Kassationsgerichtshof wiesen die Beschwerde des Mannes zurück.
Vier ärztliche Atteste zeigten «mehrere Verletzungen»
Der EGMR kritisierte die Entscheidungen der früheren Instanzen. Die «Glaubwürdigkeit der Aussagen des Wachpersonals hätte sorgfältig überprüft werden müssen», erklärten die Richter. Vier ärztliche Atteste hätten «mehrere Verletzungen» sowie ein 18 Zentimeter grosses Würgemal« bei dem Häftling festgestellt.
Zudem habe der Gefangene »seelischen Schmerz« erlitten. Die Behandlung des Gefangenen zeuge von einem »gravierenden Mangel an Respekt für die Menschenwürde«, urteilten die Richter.